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Möglichkeiten zur Nachhaltigkeit für Druck- und Medienunternehmen

Möglichkeiten zur Nachhaltigkeit für Druck- und Medienunternehmen

Nachhaltigkeit wird in der grafischen Branche stark diskutiert. Jedoch sind die Maßnahmen der nachhaltigen Medienproduktion derzeit überwiegend auf den Klimaschutz und auf Forstzertifikate fokussiert.

Herkunft: Media Mundo
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Vorbemerkungen



Nachhaltigkeit wird in der grafischen Branche stark diskutiert. Teilweise haben sich einige Klimaschutzaktivitäten sowie Labels aus der nachhaltigen Forstwirtschaft (FSC/PEFC) bereits etabliert. Jedoch sind die Maßnahmen der nachhaltigen Medienproduktion derzeit überwiegend auf den Klimaschutz und auf Forstzertifikate fokussiert – weiterführende Aktivitäten sind selten. Weiterhin wird deutlich, dass derzeit die meisten Nachhaltigkeitsangebote in der grafischen Branche entweder einen marketingrelevanten Einfluss haben oder aus konkreten Forderungen der Kunden resultieren.
Bei allen „Imagevorteilen“ sollte die Motivation für nachhaltiges Handeln jedoch dem Wunsch entspringen, ein Unternehmen kontinuierlich den ökologischen, sozialen und ökonomischen Anforderungen nachhaltigen Wirtschaftens anzupassen, denn Nachhaltigkeit und Klimaschutz haben Einfluss auf den unternehmerischen Erfolg.
Die Umsetzung einer nachhaltigen Medienproduktion in Verbindung mit einer individuellen Nachhaltigkeitsstrategie kann einem Unternehmen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil sichern. Die Reduzierung der Kosten, die Optimierung der Prozesse, die Reduzierung des Energieaufkommens, der Makulaturen und des Abfallaufkommens wirken sich direkt auf den Gewinn aus.
Nachhaltigkeit ist keine Angelegenheit, die durch punktuelle Maßnahmen erzielt werden kann. Nachhaltigkeit erfordert die Verankerung in den Leitlinien eines Unternehmens, damit dieses sich an den Geboten der nachhaltigen Entwicklung orientieren kann. Ferner ist eine nachhaltige Wirtschaftsweise am einfachsten dadurch zu erzielen, dass alle hierfür relevanten Aspekte systematisch erarbeitet werden.
Nachhaltige Entwicklung verlangt schließlich auch nach neuen Denkweisen und innovativen Lösungen. Darin liegt eine der größten Herausforderungen, denn “aus Angst vor einer unbekannten Zukunft klammern wir uns nur allzu gerne an die uns bekannte Vergangenheit.“ (John Naisbitt)
Dieser Leitfaden soll dazu beitragen, einen Überblick über die Möglichkeiten der nachhaltigen Medienproduktion zu bekommen und diese dann nach und nach im Unternehmen umzusetzen. Er soll dazu dienen, in eine ganzheitliche Betrachtungsweise zu starten – denn umweltbezogene Aspekte müssen stets bei allen betriebswirtschaftlichen Entscheidungen im Unternehmen eine Rolle spielen. Erst der gesamtheitliche und strategische Ansatz schafft Glaubwürdigkeit.


1. Ebenen der Nachhaltigkeit (nachhaltige Medienproduktion)


Die Nachhaltigkeit hat drei Grundfesten, die nahtlos ineinandergreifen:
-Ökologie
-Ökonomie
-Soziales

Im allgemeinen Verständnis setzt sich der Begriff der Nachhaltigkeit aus drei Komponenten zusammen, die auch als Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit bezeichnet werden. Die ökologische Nachhaltigkeit umschreibt die Zielsetzung, Natur und Umwelt für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. Dies umfasst den Erhalt der Artenvielfalt, den Klimaschutz, die Pflege von Kultur- und Landschaftsräumen in ihrer ursprünglichen Gestalt sowie generell einen schonenden Umgang mit der natürlichen Umgebung. Die ökonomische Nachhaltigkeit stellt das Postulat auf, dass die Wirtschaftsweise so angelegt sein soll, dass sie dauerhaft eine tragfähige Grundlage für Erwerb und Wohlstand bietet. Von besonderer Bedeutung ist hier der Schutz wirtschaftlicher Ressourcen vor Ausbeutung. Die soziale Nachhaltigkeit versteht die Entwicklung der Gesellschaft als einen Weg, der Partizipation für alle Mitglieder einer Gemeinschaft ermöglicht. Dies impliziert auch einen Ausgleich sozialer Kräfte mit dem Ziel, eine auf Dauer zukunftsfähige, lebenswerte Gesellschaft zu erreichen.

2. Grundanspruch
Bei allen Nachhaltigkeitsaktivitäten gilt der Anspruch:
Vermeiden – Reduzieren (Vermindern) – Ausgleichen
Eine nachhaltige Wirtschaftsweise kennzeichnet sich dadurch, dass (ökonomische, ökologische und soziale) Systeme nur insoweit belastet werden dürfen, dass sie sich regenerieren können. Nachhaltigkeit ist damit ein Überlebensprinzip. Es schützt nachfolgende Generationen vor einem verschwenderischen Umgang mit Ressourcen aller Art.

3. Maßnahmen im Bereich Ökologie
Bei mittelständischen Produktionsbetrieben in Deutschland dürfte der Schwerpunkt einer nachhaltigen Entwicklung neben den ökonomischen Maßnahmen auf den Aspekten der Ökologie liegen. Trotz hoher Umweltstandards und entsprechender Gesetze hat jedes Unternehmen in diesem Feld noch Verbesserungspotenzial, das vielfach vor allem bei der Beschaffung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen gehoben werden kann.
Die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit setzt sich mit zahlreichen Aspekten des Umwelt- und Naturschutzes auseinander.
Vor allem der Klimaschutz bewegt uns alle, denn der Klimawandel ist eine der dringlichsten Themen unserer Zeit. Trotz der größtenteils gescheiterten Umweltkonferenzen in Kopenhagen, Cancún und Durban ist für alle offensichtlich, dass die CO2-Emissionen weltweit reduziert werden müssen.

3.1. Papierberatung
Der Auswahl des Bedruckstoffs kommt in der Medienproduktion überragende Bedeutung zu. Nicht nur in qualitativer Hinsicht, sondern auch in ökologischer, sozialer und ökonomischer. Diese Erkenntnis teilt auch die Initiative Media Mundo, die ihre erste Empfehlung dem Bedruckstoff widmet.
➠ MM-Empfehlung „Verwendung grafischer Papiere (Version 1.0)“
www.mediamundo.biz/beirat/empfehlungen#1
Wegen des herausragenden Stellenwerts der darin niedergelegten Empfehlung für die grafische Industrie geben wir diese hier zusammenfassend wieder:
  1. Die beste Form des Gebrauchs von Papier ist der sparsame und umsichtige Einsatz (gemäß der von 50 NGOs weltweit unterzeichneten PaperVision.
  2. Der Einsatz von Recyclingpapier ist gegenüber der Verwendung von Frischfaserpapier stets vorzuziehen. Das Umweltzeichen Blauer Engel ist dabei das empfehlenswerteste Siegel. Allein dieses Siegel garantiert, dass das Papier überwiegend aus Altpapier hergestellt wurde, welches bereits in Umlauf war. Zusätzlich fordert der Blaue Engel die Erfüllung strengster Umweltkriterien bei der Papierherstellung, verbietet schädliche Chemikalien und stellt gleichzeitig sicher, dass Papier den höchsten Qualitätsanforderungen (wie zum Beispiel Gebrauchstauglichkeit, Archivierbarkeit) gerecht wird. Sind entsprechende Papiere nicht verfügbar, sollten Papiere mit hohen Recyclinganteilen bevorzugt werden.
  3. Soweit der Gebrauch von wiederverwertetem Papier im Einzelfall nicht möglich ist, muss Papier eingesetzt werden, das nachweislich aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt. Diesen Nachweis kann nur ein unabhängiges Forstzertifikat erbringen, das der Wahrung und Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Funktionen der Forstbetriebe verpflichtet ist. Als glaubwürdiges Zertifikat empfehlen wir derzeit Frischfaserpapier mit dem Zeichen des Forest Stewardship Council (FSC).
  4. Papier, das nahe am Verwendungsort produziert wird, hat Vorrang gegenüber Papier, das fern vom Verwendungsort produziert wird.
  5. Zwischen mehreren gleichermaßen geeigneten Papieren hat dasjenige den Vorzug, welches unter Verwendung nachhaltiger und ressourcenschonender Energiequellen hergestellt wird.
  6. Papier ist nach seinem Gebrauch sauber von anderen Wertstoffen getrennt der Wiederverwertung zuzuführen. Herstellungs-, Druck- und Veredelungsverfahren sind so zu gestalten, dass das Papier ohne schädliche Umwelt- und Gesundheitseinflüsse wiederverwertet werden kann.
Wir wären auf dem Weg in die Nachhaltigkeit schon ein gutes Stück weiter, wenn wir uns konsequent an diese Empfehlung halten würden.

3.2. Zertifizierung für nachhaltige Forstwirtschaft
Wald ist Kapital – für Menschen, Tiere und Pflanzen. Wald ist Lebensgrundlage und Erholungsraum und einer der überragend bedeutsamen CO2-Speicher. Deshalb ist es wichtig, dieses Gut für Generationen zu erhalten. Waldschutz ist aktiver Umweltschutz.

FSC (Forest Stewardship Council)
Die Förderung einer umweltfreundlichen, sozialförderlichen und ökonomisch tragfähigen Bewirtschaftung von Wäldern ist die Mission des Forest Stewardship Council (FSC). Die unabhängige, gemeinnützige Nicht-Regierungsorganisation wurde 1993 als ein Ergebnis der Konferenz „Umwelt und Entwicklung“ in Rio de Janeiro gegründet. Heute ist der FSC in über 80 Ländern mit nationalen Arbeitsgruppen vertreten.
Hinter dem FSC-Label steckt ein durchgängig zuverlässiger Prozess: Es wurden zehn Prinzipien und 56 Indikatoren entwickelt, auf denen die weltweit gültigen FSC-Standards zur Waldbewirtschaftung basieren. Wälder, die nach diesen Standards bewirtschaftet werden, können sich mit der FSC-Zertifizierung auszeichnen lassen. Verbraucher, die FSC-gelabelte Produkte kaufen, leisten einen aktiven Beitrag zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder rund um den Globus.
Der FSC bietet zudem Transparenz, Warenzeichen-Sicherheit und Akkreditierungsleistungen für Unternehmen und Organisationen, die an guter Waldbewirtschaftung interessiert sind.

PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes)
Betriebe, die nach PEFC zertifiziert sind, zeigen Engagement für die Umwelt und ihre Verantwortung im Umgang mit dem unverzichtbaren Roh- und Werkstoff Holz. PEFC ist ganzheitliche Nachhaltigkeit: ein integratives Konzept, das ökologische, soziale und ökonomische Aspekte verbindet. Und PEFC ist der Garant für eine kontrollierte Verarbeitungskette – unabhängig überwacht, lückenlos nachvollziehbar und nachhaltig. Von zertifizierten Wäldern über Holz verarbeitende Betriebe bis zum Endprodukt im Regal.
Dass bereits zwei Drittel des heimischen Waldbestandes PEFC-zertifiziert sind, ist ein gutes Zeichen. Engagierte Waldbesitzer, Umweltschutzgruppen, Industrievertreter, Gewerkschafter und aktive Bürger arbeiten gemeinsam an einem Ziel: eine Waldbewirtschaftung, die das Geschenk der Natur erhält und für eine schonende und sinnvolle Nutzung steht.
Der Kauf von Produkten mit dem PEFC-Logo ist die Möglichkeit für jeden Einzelnen, diese Idee zu unterstützen. Mit dem Einkauf von Produkten, die das PEFC-Logo tragen, kann jeder seinen Beitrag für eine gesunde Umwelt leisten.
PEFC ist international. Das zeigt sich bereits im (englischen) Namen „Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes“. Ein „Programm für die Anerkennung von Waldzertifizierungssystemen“, das über Ländergrenzen hinweg das Ziel verfolgt, die Waldnutzung und Waldpflege weltweit zu verbessern. Alle nationalen Systeme haben inhaltlich dieselbe Herkunft: Beschlüsse, die auf den Nachfolgekonferenzen der Umweltkonferenz von Rio gefasst wurden.
Gleichzeitig ist PEFC ein wirksames Marketinginstrument für das Image der Forstwirtschaft und ihrer Marktpartner – gerade in Zeiten, in denen der nachwachsende Rohstoff Holz im Zentrum steigender Nachfrage steht.

3.3. Klimakompensiertes Drucken
Klimakompensiertes Drucken wird von immer mehr Auftraggebern und Printbuyern gefordert – ob mit oder ohne Label auf den jeweiligen Druckprodukten. Formal ist das klimakompensierte Drucken ein tatsächlicher Beitrag zum Klimaschutz. Ohne nachhaltiges Engagement verkommen die Aktivitäten zum klimakompensierten Drucken jedoch zum Greenwashing. Die reine Klimakompensation setzt erst beim Ausgleich der berechneten CO2-Emissionen an und nicht bei der Vermeidung oder Reduktion.
➠ MM-Empfehlung „Vorgehensweise klimakompensierte Druckproduktion (Version 1.0)“
www.mediamundo.biz/beirat/empfehlungen#2
Grundlage des klimakompensierten Druckens ist eine detaillierte Analyse aller Einflussfaktoren:
-Papier (gegliedert nach Emissionsklassen)
-Chemie
-Farbstoffe
-Feucht- und Reinigungsmittel
-Energieverbrauch beim Druckvorgang (einschließlich Vorstufe)
-Personaleinsatz
-Auslieferung / Transportkosten
-Berücksichtigung sonstiger energiesparender Maßnahmen

Die Ergebnisse der Analyse finden Einzug in ein Berechnungstool (Klimarechner), der für jede Drucksache individuell die CO2-Emissionsbelastung berechnet. Diese Emissionen können dann durch den Ankauf von Emissionsminderungszertifikaten ausgeglichen werden – dafür erhält der Kunde auf Wunsch ein entsprechendes Zertifikat und darf mit dem Ankauf der Zertifikate seine Druckprodukt entsprechend kennzeichnen.

3.4. GreenLogistics
Neben der strategischen Vermeidung von Logistikstrecken (zum Beispiel durch die Auswahl von vollintegrierten Druckdienstleistern) gibt es mittlerweile diverse Logistikanbieter, die klimaneutrale Lieferungen gewährleisten. Ein Beispiel dafür ist DHL mit dem Angebot „Go Green“.
➠ MM-Empfehlung „Green Logistics (Version 1.0)“
www.mediamundo.biz/beirat/empfehlungen#3

3.5. Energieeffizienz
Energie einzusparen ist ebenfalls ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz – und natürlich gleichzeitig eine Maßnahme, um Kosten zu sparen und effizienter zu produzieren. Zur Verbesserung der Energieeffizienz bietet sich eine unabhängige Beratung an. Die Energieeffizienzberatung wird unter bestimmten Voraussetzungen (und in bestimmten betragsmäßigen Grenzen) durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau gefördert. Diese Voraussetzungen erfüllen kleine und mittelständische Unternehmen regelmäßig. Details hierzu erfahren Sie bei Ihrer Hausbank, über die auch die Antragstellung abgewickelt wird.
Erfahrungsgemäß werden die Kosten für die Energieeffizienzberatung eines mittelständischen Unternehmens durch kurzfristig zu erzielende energetische Einsparungen ausgeglichen. Mittel- und langfristig lohnt sich diese Beratung immer.
Die sich daraus ableitenden Maßnahmen können sehr vielfältig sein. Neben Wärmerückgewinnungsanlagen stehen beispielsweise frequenzgesteuerte Kompressoren, Luftbefeuchtungsanlagen mit dem Prinzip der Kaltverdunstung usw. zur Disposition.
Hinsichtlich des Stromverbrauchs lassen sich besonders im Bereich der peripheren Anlagen große Einsparungen erzielen. Dazu zählen Trocknervorrichtungen, die Aufbereitungsanlagen für das Feuchtwasser, die Farbwerktemperierung, Klimaanlagen und die Luftversorgung. Diese Anlagen sind zu mehr als 50% für die gesamten Energieaufwendungen in einer Druckerei verantwortlich.

3.6. Energie – wertvoll und werthaltig
Was die Wirtschaft antreibt, ist und war immer schon die Energie. Eine Verschwendung von Energie kann sich also niemand leisten. Das heißt aber noch lange nicht, dass jedes Unternehmen und jeder Bürger verantwortungsvoll mit den knappen und wertvollen Ressourcen umgeht. So kommt es, dass der Energiebedarf steigt und das Energieangebot sinkt. Die meisten Experten gehen deshalb davon aus, dass die Energiepreise in den kommenden Jahren immer weiter ansteigen werden.
Darunter wird insbesondere die grafische Industrie in hohem Maß leiden. Laut Web Offset Champion Group verbraucht der Produktionsprozess allein etwa 70 bis 80 % des Energiebedarfs eines Druckunternehmens. Damit zählen Druckereibetriebe, die schließlich sehr produktionsintensiv sind, zu den großen Energieverbrauchern.

Die Steigerung der Energieeffizienz ist also nicht nur eine Frage der ökologischen Verantwortung, sondern auch der ökonomischen Konsequenz. Es gehört zum ökonomischen Prinzip, dass jeder unnütze Verbrauch wertvoller Rohstoffe vermieden werden sollte. Unnötiger Energieverbrauch bedeutet zusätzliche Kosten, ist damit ein erheblicher Wettbewerbsnachteil, treibt die Energiepreise und beeinträchtigt die Versorgungssicherheit.
Um dem entgegenzuwirken, muss zunächst einmal der stetige Anstieg des Energieverbrauchs gehemmt oder umgekehrt werden, denn jede Kilowattstunde, die nicht verbraucht wird, senkt die laufenden Kosten. Das Reduzieren des Energieeinsatzes ist allerdings meist mit einigen Investitionen verbunden, die angesichts der Finanz- und Bankenkrise vielfach gescheut werden. Das ist zu kurz gedacht. In der langfristigen Geschäftspolitik ist die Einsparung durch eine energieeffiziente Produktion in der Regel deutlich höher als die notwendigen Investitionen in effiziente Technologie, die sich dementsprechend schnell amortisiert. Zudem können sich Unternehmen deutlich zukunftssicherer aufstellen, wenn sie die Kosten im Griff halten.
Prinzipiell ist bei Druckereien Strom der hauptsächliche Energieträger. Das ist wiederum anders als in anderen Branchen, wo in der Regel der thermische Energieeinsatz deutlich höher ausfällt. Das gründet in der Tatsache, dass vor allem die Offsetmaschinen sehr stromintensiv sind. An zweiter Stelle steht der Einsatz von Treibstoffen, die von der Logistik verbraucht werden. Danach schließlich kommt der Heizwärmebedarf zum Beispiel der Gebäude ins Spiel.

Einsparpotenzial im Drucksaal
Im Fokus von Maßnahmen zur Verbrauchsreduzierung steht deshalb vor allem die elektrische Energie und damit die Technologie. Das ist insofern schwierig, da gerade die Druckmaschinen permanent in Betrieb sind. Man kann die Stromgrundlast ein wenig zurückfahren, indem nachgeschaltete Technologien wie beispielsweise Falzmaschinen so optimiert werden, dass sie nicht dauernd laufen müssen. Auch sollten Hochleistungsmaschinen nicht gleichzeitig angefahren werden, da es so zu Energiespitzen kommt. Effizienter ist es, zunächst die Maschine mit der höchsten Leistung anzufahren und dann nach und nach die anderen zu starten.
Ein weiterer Ansatzpunkt liegt im Bereich der Ersatzinvestitionen. Bei der Anschaffung einer neuen Offsetmaschine beispielweise kann man anhand der vorgegebenen Parameter am besten prüfen, wie energieeffizient diese und wie zukunftsfähig die entsprechenden Werte sind. Zudem bieten höhere Formatklassen auch die Möglichkeit, den Energieverbrauch pro gedruckte Seite zu senken. Allerdings stehen die einzelnen Geräte stets in einem Verbund, der ebenfalls hinsichtlich der Energieeffizienz optimiert sein sollte. Es ist wichtig, die gesamte Situation zu berücksichtigen. Auch für die zugehörige Steuerung sollte im Einkauf verstärkt auf Green-IT-Lösungen geachtet werden, die dem Nachhaltigkeitskonzept entsprechen.

Vom Ökostrom zum Licht
Nach den durchgeführten Effizienzmaßnahmen trägt der Bezug von Ökostrom zur Nachhaltigkeit bei. Auch wenn sich dadurch die Effizienz der eigenen Maschinen nicht steigern lässt, hat er dennoch den wichtigen Effekt, dass die Akzeptanz energieintensiver Prozesse steigt. Viele Druckereien beziehen Ökostrom, weil er ihre CO2-Bilanz deutlich verbessert. Dies ist auch der erste Schritt zum klimakompensierten Drucken.
Soll diese CO2-Reduzierung auch Einfluss auf die bundesdeutsche CO2-Bilanz haben, sollte ein Ökostromanbieter gewählt werden, der in das bundesdeutsche Stromnetz einspeist.
Daneben gibt es, wie in jedem Unternehmen, von der Wärmerückgewinnung bis zur Beleuchtung jede Menge Einsparpotenziale. Gerade die Beleuchtung ist ein wichtiges Thema. In einem Druckbetrieb ist auf der einen Seite eine gute Ausleuchtung entscheidend. Auf der anderen Seite lässt sich hier vieles optimieren, sei es durch Zeitschaltuhren oder Zonierung. Mit intelligenten Beleuchtungskonzepten, die deutlich mehr Licht erzeugen, lässt sich bis zu 50% der Energie einsparen.
Welche Möglichkeiten es im Einzelnen tatsächlich zu realisieren gibt, kann am besten ein Energieberater beantworten. Das lohnt sich in jedem Fall, denn ein Experte entdeckt schnell die vielen Kleinigkeiten, die sofort und ohne zusätzliche Investitionen Kosten einsparen und gibt gleichzeitig einen Überblick über die vorhandenen technologischen Lösungen und deren konkreten Nutzen für das einzelne Unternehmen.

3.7. Chemie- und wasserlose Druckplattenbelichtung
tbd

3.8. alkoholfreier (alkoholreduzierter) Druckprozess
In Deutschland werden alleine durch die grafische Branche zwischen 20.000 und 30.000 Tonnen Isopropanol verbraucht. Laut Heidelberger Druckmaschinen AG arbeiten noch 87% der deutschen Druckunternehmen mit einem Isopropylalkohol-Gehalt im Feuchtwasser, der zwischen 7% und 18% liegt – obwohl es ohne großen technischen Aufwand möglich ist, den Alkoholgehalt auf unter 5% zu senken. Die Argumente für die IPA-Reduktion sprechen für sich:
-niedrigere Kosten
-weniger Gesundheitsbeeinträchtigungen
-geringere Geruchsbelästigung für die Mitarbeiter im Drucksaal
-reduzierte Brand- und Explosionsgefahr
-geringere Umweltbelastung

Aus Gründen des Arbeits- und Umweltschutzes, aber durchaus auch aus Kostengründen wird eine deutliche Reduzierung des Verbrauchs oder Eliminierung des Isopropylalkohols im Offsetdruck schon seit vielen Jahren angestrebt. So hat der Bundesverband Druck und Medien e.V. bereits 1993 einen von der Industrie in vollem Umfang akzeptierten Drei-Stufen-Plan veröffentlicht, um schließlich den völlig alkoholfreien Druck zu erreichen:
Die erste Stufe sah als kurzfristige Maßnahme vor, dass Druckbetriebe mit den bestehenden Mitteln und Anlagen versuchen, die Alkoholkonzentration so weit wie möglich zu senken. Mindestens sollte ein Wert von 12 Vol.-% eingehalten werden.
Die zweite Stufe sah als mittelfristige Maßnahme vor, mithilfe von Alkoholersatzstoffen eine durchschnittliche Alkoholkonzentration von 5 Vol.-% bis 8 Vol.-% durchzusetzen.
Die dritte Stufe stellt der völlige Ersatz des Alkohols im Feuchtmittel dar. Hierzu ist ein Zusammenarbeiten von Zulieferindustrie und Anwender unabdingbar.
Der Druck ohne Alkohol ist inzwischen technisch möglich, viele Druckereien beweisen in der tagtäglichen Produktion die Praxisreife. Die Arbeitsweise der Drucker an der Druckmaschine ist allerdings an die jeweils verwendeten technischen Lösungen zur Alkoholvermeidung anzupassen, wobei die Instruktoren der Ersatzprodukte entsprechende Hilfestellungen bei der Einarbeitung anbieten. Bei schwierigen Druckaufträgen müssen die Drucker neue Erfahrungen sammeln, denn nicht jeder aus der Verwendung von Alkohol bekannte Kniff zur Qualitätsverbesserung wird bei diesen kritischen Aufträgen zum gleichen Resultat führen. Wichtig ist, dass die Drucker nicht beim Auftreten kleinerer Schwierigkeiten das Problem nur auf den Alkoholersatz schieben und die Versuche zum Alkoholersatz sofort ad acta legen.
Ein Hilfsmittel bei der Erprobung alkoholarmer oder -freier Zusatzstoffe zum Feuchtmittel können Druckversuche mit den seit vielen Jahren erprobten Fogra-Feuchtungskontroll-Testformen sein. Ziel eines Tests damit ist eine gleichmäßige Justierung des Feuchtwerks, so dass die auf die Druckplatte gelangende Menge an Feuchtmittel gleichmäßig verteilt ist.
Dies ist gleichzeitig die Voraussetzung für eine Ermittlung der optimalen Einstellung des Feuchtduktors bezüglich des Farbe- / Feuchtmittelgleichgewichts. Der Test wird für jede Prozessfarbe getrennt durchgeführt.
Neben der gleichmäßigen Justage alle Feuchtwerke wird parallel dazu der Zustand der Druckmaschine kontrolliert und dokumentiert. Technische Probleme wie geschrumpfte Gummiwalzen im Farbwerk, dejustierte Potentiometer in den Druckwerken, deformierte oder verschlissene Feuchtwalzen in einzelnen Druckwerken und drucktechnische Unterschiede zwischen den Kombinationen unterschiedlicher Druckfarben und Feuchtmittel können schnell und unkompliziert erkannt werden.
Die Resultate der Druckversuche werden mit einem Punktesystem bewertet, wobei ein Produkt, das einen Alkoholgehalt aufweist, bereits mit Minuspunkten belegt wird.
Die Berufsgenossenschaft (BG) hat im Jahr 2007 auf Basis dieser Testmethode die Entwicklung eines standardisierbaren Prüfprozederes für Feuchtmittelzusätze zum alkoholfreien Druck bei der Fogra in Auftrag gegeben. Dabei haben sich bei den zehn getesteten alkoholfreien Zusätzen immense Unterschiede im Druckverhalten gezeigt.
Eines der Produkte (Kennung „J“) ist aufgrund seiner Korrosivität sofort durch den Test gefallen.
Dieses Prüfprogramm steht weiterhin jedem zur Verfügung, der das Thema alkoholreduziertes Drucken ernsthaft angehen möchte. Die Spezialisten der Fogra schulen Interessenten vor Ort mit den Feuchtungskontroll-Testformen, die anschließend in den Besitz der Druckerei übergehen. Mit dem erlernten Umgang mit diesem hilfreichen Werkzeug kann die Druckerei im Weiteren selbstständig und objektiv Material- und Einstellungskombinationen mit dem Ziel „0 Vol-% Alkohol“ auf ihre Tauglichkeit prüfen.

3.9. Abfallmanagement
tbd
3.10. Wärmerückgewinnung
tbd
3.11. Unaufwendige Konfektionierung und Verpackung
Verzicht auf Kunststoffe und bevorzugter Einsatz von recyclingfähigen Verpackungsmaterialien.

3.12. Wasserloser Offsetdruck
Durch Wasserlosen Offsetdruck (WLO) kann ca. 90% Emissionsminderung erzielt werden. Das ist aktiver Klimaschutz. Für die Umwelt bedeutet dies zudem einen verminderten VOC-Einsatz, einen verminderten Wassereinsatz, verminderte VOC-Luftemission, verminderte Wasseremission und eine positive Energiebilanz. Vorteile für den Anwender ergeben sich nicht zuletzt auch aus Kosteneinsparungen bei der effektiveren Nutzung der Verbrauchsmaterialien und dem Wegfall der Überwachungspflicht der Luftemission mit kostspieligen MAC-Messungen. Die zu erwartenden Verschärfungen durch den Gesetzgeber werden somit gegenstandslos.
Die European Waterless Printing Association, kurz EWPA genannt, wurde im Jahr 1995 gegründet. Das Vereinslogo steht für internationale Zusammenarbeit, Umweltschutz und Qualität. Als unabhängige und überregionale Plattform des WLO ist sie Förderer des Ökologie- und Ökonomiegedankens.
➠Den Mitgliedern steht ein Netzwerk von Fachleuten bzw. Spezialisten des
WLO-Druckverfahrens zur Verfügung.
➠Mitgliedsunternehmen belegen durch das Führen des Mitgliedslogos ein der
Nachhaltigkeit und der Ökologie und Ökonomie verpflichtetes Handeln.

Der wasserlose Offsetdruck kann in Verbindung mit der Einhaltung der Kriterien des Zertifikats der BG ETEM-„Emission geprüft“ hervorgehoben werden. Gemeinsam mit EWPA „WLO-CERT“, vom Staat als öffentliches Organ anerkannt, ist das ein ökologisch-exklusives Alleinstellungsmerkmal.

Drucktechnologie WLO-UV-Druck
Der spezielle WLO-UV-Druck ist das umweltschonendste und ökonomischste Offsetdruckverfahren und hat die Möglichkeiten, dem wachsenden Marktanteil im Digitaldruck in einigen Belangen Paroli zu bieten.

WLO-Ökologie-Praxis
Wasserloser Zeitungsdruck zeigt ein beeindruckendes Einsparpotenzial mit einer positivsten Umweltbilanz

Senkung des jährlichen CO²-Ausstoß 3.500 Tonnen
Einsparung von Wasser 730.000 Liter
Einsparung von umweltsensiblen Zusatzmitteln 28.000 Liter
Einsparung von Entwicklerchemie15.000 Liter
Einsparung Reinigungsmittel24.000 Liter
Reduzierung von Putzlappen210.000 Stück
Senkung Papierverbrauch (Makulatureinsparung)1.300 Tonnen
(Quelle: KBA Report 01/2010 – KBA-Cortina Anwender Freiburger Druck GmbH & Co. KG)
Infos: www.wluv.de

4. Maßnahmen im Bereich Ökonomie (Prozessoptimierung, QMS und UMS)


Die Dimension der Ökonomie wird häufig unterschätzt. Unternehmen sind gewinnorientiert arbeitende Wirtschaftseinheiten. Daher ist die Auseinandersetzung mit Chancen und Risiken der nachhaltigen Entwicklung von besonderem unternehmerischem Interesse und in aller Regel eine Geschäftsführungsaufgabe.

Die künftige ökonomische Basis
Es ist keine überraschende betriebswirtschaftliche Erkenntnis, dass die ökonomische Basis eines Unternehmens die Erzielung von Überschüssen voraussetzt. Namentlich in der Druck- und Medienindustrie, die sich durch einen hohen Wettbewerbs- und Margendruck auszeichnet, muss diese Selbstverständlichkeit jedoch erwähnt werden.
Unternehmer in der grafischen Industrie sehen sich nicht nur einem intensiven Wettbewerb und in der Folge teilweise verheerenden Gewinneinbrüchen ausgesetzt. Alle Beteiligten am Druckprozess haben auch mit der zunehmenden Digitalisierung von Information, Kommunikation und Werbung neuen Wettbewerb erfahren. Es ist jedoch eine Fehlannahme, die verlorenen Claims über kurz oder lang wieder gut machen zu können. Es gibt einen Bedarf für digitale Information, Kommunikation und Werbung. Und dieser Bedarf wird steigen.
Zu guter Letzt müssen sich Unternehmer auch unter ökonomischen Aspekten die Frage stellen, welche Auswirkungen ein steigendes Umwelt- und Sozialbewusstsein ihrer Kunden auf das eigene Geschäft hat. Können Sie darauf vertrauen, dass Ihre derzeitigen Schlüsselkunden auch im kommenden Jahr noch Drucksachen in hoher Frequenz an Millionen von Haushalten senden werden? Wird der Verbraucher es künftig noch tolerieren, dass Produkte verschwenderisch verpackt sind und damit für einen unnötig hohen Ressourcen- und Energieeinsatz stehen? Wie werden Dienstleistungen rund um die Druckdienstleistung im Jahre 2015 beschaffen sein?
Diese Fragen erfordern einen Blick in die Zukunft und die Auseinandersetzung mit der Frage, welche Produkte und Dienstleistungen steigenden Anforderungen an ökologische und soziale Nachhaltigkeit standhalten. Karl Valentin sagte einmal, dass Prognosen insbesondere dann schwierig seien, wenn sie die Zukunft betreffen. Dennoch sollte sich die Druckbranche dieser schwierigen Aufgabe stellen, denn es wäre fatal zu glauben, die Dienstleistungen würden keine Anpassung durch Nachhaltigkeit erfahren müssen, denn das ist ein Megatrend, an dem niemand vorbeikommt.

Vom Umgang mit Megatrends
Im Kontext ökonomischer Maßnahmen ist es von besonderer Bedeutung, dass Nachhaltigkeit keine Modeerscheinung ist, sondern eine weltweite Anforderung, die einen entsprechenden Megatrend verursacht. Daher muss jedes Unternehmen konkrete Überlegungen dazu anstellen, wie es diesen Megatrend aufzugreifen gedenkt. Die Geschichte des Umgangs mit solchen Trends zeigt, dass die Gewinner die auf sie zukommenden Chancen und Risiken zu einer Umwandlung im Kerngeschäft genutzt haben. Diese Entwicklung vollzog sich zumeist in vier Schritten. Übersetzt auf die Übernahme von Nachhaltigkeit könnten diese wie folgt beschaffen sein:
➠ In einem ersten Schritt fließen einzelne Aspekte nachhaltiger Entwicklung in das Kerngeschäft ein. Hierzu zählt beispielsweise die Anwendung von Ökostrom oder die Auswahl regenerativer Rohstoffe für die Herstellung eines Produkts, das ansonsten unverändert bleibt. Beispiel: Die Rohstoffe für die Autoproduktion stammen vermehrt aus rezykliertem Material: Altes wird auf neue Weise getan.

➠ In einem zweiten Schritt fügt das Unternehmen seinem bisherigen Kerngeschäft neue Produkte hinzu, die dem Bedarf des Trends entsprechen. Beispiel: Ein Elektroauto erweitert die bisherige Modellpalette eines Herstellers: Neues wird auf neue Weise getan.

➠ Der dritte Schritt besteht darin, das Kerngeschäft umzuwandeln. Produkte, die dem künftigen Bedarf nicht mehr entsprechen, werden trendgerecht aus dem Sortiment entfernt. Beispiel: Der Fahrzeughersteller produziert nur mehr Elektrofahrzeuge und stellt alle anderen Linien ein: Umwandlung im Kerngeschäft.

➠Die vierte und letzte Stufe dieser Entwicklung ist mit der Herausbildung neuer und trendgerechter Geschäftsmodelle im Kerngeschäft verbunden. Beispiel: Ein Fahrzeughersteller beschränkt sich nicht mehr darauf, Fahrzeuge zu produzieren und zu verkaufen, sondern errichtet eine Infrastruktur, die es jedem gestattet, Elektrofahrzeuge für einen temporären Bedarf zu mieten: Ausbildung neuer Geschäftsmodelle.

Nachhaltigkeit wird als Megatrend erst dann angemessen aufgegriffen bzw. umgesetzt, wenn die dritte Stufe, die „Umwandlung im Kerngeschäft“, erreicht wird.
Die Anpassung eines Unternehmens beginnt idealerweise mit der Frage, welche ökologisch unbedenklichen und sozial anerkennenswerten Produkte und Dienstleistungen Sie auf der Basis Ihrer und Ihrer Mitarbeiter Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse in Märkten absetzen können, die für Sie erreichbar sind.
Gedachtes Ziel dieser Überlegungen ist das nachhaltige Produkt. Ein nachhaltiges Produkt ist kein Produkt, das weniger umwelt- oder sozialschädlich ist. Ein nachhaltiges Produkt ist vielmehr ein Produkt, das nützlich ist und für das ein vernünftiger Bedarf besteht.
Als weitere These – und nichts anderes sind diese Überlegungen zur Aufnahme von nachhaltigen Wirtschaftsweisen in den Märkten – steht die Annahme, dass sich unter Aspekten der Nachhaltigkeit ein Trend in Richtung Dematerialisierung ausbilden und verstärken wird. Diese Annahme beruht auf der Überlegung, dass die Herstellung von Produkten stets mit der Inanspruchnahme von Ressourcen und Energie einhergeht. Dienstleistungen hingegen kommen typischerweise ohne Einsatz von Rohstoffen aus. Wenn also eine deutlich verminderte Rohstoff- und Energienutzung als zentrales Gebot der Nachhaltigkeit je erzielt werden soll, dann wird diese Zielerreichung eine signifikante Dematerialisierung zahlreicher Prozesse erforderlich machen. Solche Prozessänderungen könnten unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit besonders attraktiv sein – und Geschäftsmodelle, die auf ihnen aufsetzen, in der Folge besonders erfolgreich.
Weitere ökonomische Kriterien der Nachhaltigkeit
Der Erfolg der meisten Unternehmen bestimmt sich ganz wesentlich durch die jeweiligen Mitarbeiter und Zulieferer sowie die Verankerung vor Ort. Daher werden als weitere ökonomische Kriterien der Nachhaltigkeit auch Aspekte angesehen, die eine wesentliche Bedingung dafür sind, dass ein Unternehmen im Vergleich zu anderen besser motivierte Mitarbeiter und Zulieferer hat und lokal verankert ist. Im Einzelnen sind dies folgende Themenkomplexe:

➠Umfang der betrieblichen Sozialleistungen
➠Spanne des Verhältnisses der Standardeintrittsgehälter zum lokalen Lohnniveau
➠Geschäftspolitik, -praktiken und Anteil der Ausgaben, die auf Zulieferer vor Ort entfallen
➠Verfahren für die Einstellung von lokalem Personal und Anteil von lokalem Personal an
den Posten für leitende Angestellte
➠Investitionen in die lokale Infrastruktur und Dienstleistungen, die vorrangig im
öffentlichen Interesse erfolgen
➠Art und Umfang wesentlicher indirekter wirtschaftlicher Auswirkungen der Präsenz eines
Unternehmens in den jeweiligen Gemeinden

Unter Gesichtspunkten der ökonomischen Nachhaltigkeit ist es wesentlich, diese Punkte einer kritischen Prüfung zu unterziehen.

Managementsysteme
Jenseits grundlegender Überlegungen zur ökonomischen Hinwendung zu einer nachhaltigen Wirtschaftsform gibt es zahlreiche praktikable Möglichkeiten, Umwelt- und Sozialleistungen in einem Unternehmen systematisch zu verbessern. In aller Regel ermöglichen Managmentsysteme zwar keine Quantensprünge, gewährleisten aber einen behutsamen, kontinuierlichen Verbesserungsprozess.

4.1. QMS-Systeme
4.1.1. ISO 9001
Die Verbesserung von Arbeitsabläufen in Organisationen erhöht die Wirtschaftlichkeit. Werden diese Verbesserungen systematisch und kontinuierlich realisiert, so spricht man von einem Qualitätsmanagementsystem (QMS). Das Qualitätsmanagement fördert die Optimierung der inner- und außerbetrieblichen Kommunikation, sichert professionelle Lösungsstrategien, ermöglicht die Erhaltung oder Steigerung der Zufriedenheit von Kunden oder Klienten und stärkt die Motivation der Belegschaft.

Ein Qualitätsmanagement bringt Vorteile
-Die Standardisierung der Handlungs- und Arbeitsprozesse
-Die gesicherte Einhaltung von Normen für Produkte oder Leistungen
-Eine im Alltag hilfreiche und gut nutzbare Dokumentation
-Sicherstellung der beruflichen Weiterbildung
-Optimierung der Ausstattung und Gestaltung von Arbeitsplätzen
-Kundenerwartungen sind bekannt und können erfüllt werden

Ein Qualitätsmanagement stellt sicher, dass die Qualitätsbelange in der Unternehmensführung den ihnen gebührenden Platz einnehmen. Qualität bezieht sich dabei sowohl auf die vermarkteten Produkte und Dienstleistungen, als auch auf die internen Prozesse des Unternehmens. Ein QMS hat das Ziel, dass alle Produkte und Dienstleistungen den internen und externen Anforderungen genügen. Diese Anforderungen können explizit definiert sein, sie können aber auch implizit vorausgesetzt werden (Erwartungen).
Viele Qualitätsmanagementmodelle unternehmen den Versuch, die Managementprozesse eines Unternehmens objektiv bewertbar zu machen. Dabei sind zwei grundlegend verschiedene Ansätze vorhanden:
a) Zertifizierbare Normen mit definierten Mindestanforderungen an ein wirksames Qualitätsmanagementsystem, zum Beispiel die ISO 9001:2000, deren Einhaltung durch Audits externer Kontrollstellen bewertet wird.
b) Selbstbewertung des eigenen QM-Systems und Benchmarking zwischen Wettbewerbern um einen Qualitätspreis. Als Qualitätspreise bekannt sind in Deutschland der EFQM Excellence Award (EFQM- European Foundation for Quality Management) oder der Esprix, der Schweizer Preis für Business Excellence.
Die Qualitätsmanagementnorm ISO 9001:2000 bietet eine gute Basis für ein effektives Qualitätsmanagementsystem. Wichtig ist, dass das Unternehmen für sich die Prozesse definiert und die Anforderungen formuliert. Erfolgreiche QMS zeigen sich in ihrer Wirkung im Alltag und nicht im Umfang der vorhandenen Handbücher.

4.1.2. PSO / ISO 12647-2
Mit ProzessStandard Offset (PSO) wird kein neuer Standard bezeichnet, sondern es werden unter diesem Begriff eine Reihe von Normen zusammengefasst, die dazu dienen, die Drucknorm ISO 12647-2 zu erfüllen.
Die Standardisierung der Druckprozesse nach ISO 12647, die Konzepte und Arbeitsmittel, dienen im Wesentlichen dem Zweck der korrekten, verfahrensoptimierten Farbkommunikation vom Entwurf bis zum Endprodukt. Dazu sind viele Teilprozesse notwendig, die von Kunden, Dienstleistern und Druckereien sachgerecht durchgeführt und begleitet werden müssen. Beispiele sind die Bewertung und Auswahl der Materialien (Papier, Druckfarbe), das korrekte Farbmanagement und die Datenerzeugung in den Applikationen (ICC-Profile, PDF/X), die Anfertigung farbverbindlicher und messtechnisch kontrollierbarer Prüfdrucke und deren Bewertung unter Normlicht, die Druckformherstellung und der Auflagendruck nach akzeptierten Richtlinien. Die internationale Normserie ISO 12647 und die daraus entwickelten Werkzeuge und Anwendungen ermöglichen für alle Teilprozesse praxiserprobte und sichere Lösungen. Bei konsequenter Anwendung dieser Mittel erhalten alle Beteiligten – Kunden, Vorstufen-Dienstleister und Druckereien – den größtmöglichen Nutzen: ein vorhersehbares und reproduzierbares Farbergebnis.
Für die Druckerei bedeutet ein Arbeiten nach Standard eine Zeitersparnis, da für jeden Auftrag sofort auf die erarbeitete Standarddaten Plattenbelichtung, Farbmenge, Tonwertzunahme, Graubalance angefahren werden kann. Mit dem schnellen Erreichen der Standardwerte geht Hand in Hand auch eine beträchtliche Einsparung an Papier und damit Makulatur (Ressourcen) einher und jede Auflage kann sicher innerhalb definierter Toleranzen gedruckt werden.
Die PSO-Zertifizierung bedeutet in der Praxis jedoch leider noch nicht, dass ein zertifiziertes Unternehmen auch langfristig und nachhaltig nach den Prozessvorgaben arbeitet. In der ISO 12647 wird nur das qualitative Endergebnis eines Produkts (z.B. Druck) bewertet bzw. definiert, jedoch nicht der Weg dorthin. Und genau der gestaltet sich für einige Unternehmen vermeintlich schwieriger als für andere. Es gibt deutliche Unterschiede unter den Druckdienstleistern. PSO bedeutet nicht gleiche industrielle Fertigungsgrundsätze. Mit unterschiedlichem Aufwand wird in den einzelnen Unternehmen versucht, ein qualitativ hochwertiges Druckprodukt zu fertigen. Wie hoch der Aufwand im Einzelnen ist, wird meistens jedoch nicht analysiert bzw. bewertet. So fehlen dann auch Ansätze und betriebswirtschaftliche Zahlen für die Notwendigkeit für eine konzeptionelle Umsetzung und Implementierung standardisierter Fertigungsprozesse. Momentan stellt die Zertifizierung bei der Mehrheit der Unternehmen eher eine Momentaufnahme der Möglichkeiten dar.

4.1.3. Living PSO!
Das von IPM Müller und Resing GmbH entwickelte Konzept „Living PSO!“ verbindet Schulung, Beratung und prämierte Software zu einem bedarfsgerechten und praxisorientierten Konzept zur Fehlervermeidung, Produktionskontrolle und Qualitätssicherung in der Druckproduktion.
Der Nutzen von ProzessStandard Offset und weiterer ISO-Zertifizierungen zur Management- und Prozesskontrolle endet nicht in dem Moment, in dem das Zertifikat an die Wand gehängt wird. Im Gegenteil: Der Sinn hinter Zertifizierungsmaßnahmen ist es, verlässlich Qualität und reproduzierbare Ergebnisse zu liefern. Dadurch reduzieren sich nicht nur Fehler, sondern auch Makulatur, Doppelarbeiten und Kosten um ein wesentliches Maß.
Um diese Ziele zu erreichen, ist es jedoch notwendig, dass die Lehren aus dem Zertifizierungsprozess auch im Arbeitsalltag umgesetzt werden. Unterstützung bietet hierbei das Living PSO!-Konzept.
Eine der drei Säulen hinter dem Konzept ist die mit dem Innovationspreis der deutschen Druckindustrie ausgezeichnete PrintProcessControl-Software. Das Programm schafft zusätzliche Übersicht und Kontrolle entlang der gesamten Prozesskette von Proof über CtP bis zum Druck. Die bedarfsgerechte Weiterqualifizierung von Mitarbeitern sowie die Einführung und Kontrolle standardisierter Produktionsprozesse auf Basis des Branchenstandards ISO 12647 sind die anderen beiden Säulen.
Living PSO! stellt somit sicher, dass die Produktion auf einem hohen Niveau läuft und ständig überprüfbar und transparent bleibt. Durch die regelmäßige externe Kontrolle ist die Nachhaltigkeit im Produktionsprozess gewährleistet.

4.2. UMS-Systeme
Umweltmanagement ist eine langfristig geplante, ökologisch ausgerichtete Art der Unternehmensführung, die bei der Planung, Umsetzung und Kontrolle der Aktivitäten die Verhinderung und Vermeidung von Umweltbelastungen sowie die langfristige Sicherung der Unternehmensziele berücksichtigt. UMS stellen dazu die aufbau- und ablauforganisatorischen Maßnahmen zur Umsetzung zur Verfügung und verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz des fortwährenden Verbesserungsprozesses.
Als oberstes Ziel des UMS steht die langfristige Umweltverträglichkeit. Prozesse, welche die Umwelt belasten, werden ermittelt, Maßnahmen zur Reduktion der Umweltbelastung beschlossen und Schritt für Schritt umgesetzt.
UMS sind in der grafischen Industrie rückläufig, langfristig mit der Neupositionierung der Branche jedoch unumgänglich. Entscheidende Gründe für den zögerlichen Einsatz sind die Installationskosten und die nicht ganz unwesentlichen Kosten für die strukturellen Veränderungen (und deren Folgen) im Unternehmen.
Jedoch ist die reine Kostenbetrachtung auch hier kontraproduktiv. Mittelfristig spart die Ausrichtung aller Prozesse und Maßnahmen nach ökologischen Gesichtspunkten Geld und ist somit auch ökonomisch sinnvoll.

4.2.1. ÖKOPROFIT (Ökologisches Projekt für integrierte Umwelttechnik)
Im Vordergrund von ÖKOPROFIT stehen die Umsetzung von Maßnahmen, ein kontinuierlicher Weiterentwicklungsprozess und transparente Kosten.
Beim ÖKOPROFIT Einsteigerprogramm werden in einer Kombination aus Workshops mit begleitender Beratung durch ÖKOPROFIT Consultants Unternehmen Schritt für Schritt bei der Implementierung des UMS begleitet. Besonders hervorzuheben sind hierbei die durch das Vorgehen erzielten ökologischen wie auch ökonomischen Einsparungen.
Der ÖKOPROFIT KLUB ist das Programm für alle Rezertifizierer und somit Grundstein für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Auch hier findet sich die erfolgreiche Kombination aus Workshops mit individueller Beratung, welche die Unternehmen zu nachhaltigen Erfolgen führt.
Für Unternehmen, die sich ebenso nach EMAS oder ISO14001 zertifizieren lassen möchten, bietet sich unter anderem aus Kostengründen an, diesen Schritt nach einer Phase von zwei Jahren mit ÖKOPROFIT. In dieser Zeit erarbeiten sich Unternehmen mindestens 75% einer ISO/EMAS-Kompetenz.
Am Ende des Implementierungsprozesses haben die Unternehmen die Möglichkeit einer Zertifizierung nach ÖKOPROFIT umzusetzen. Eine Zulassung zur Zertifizierung erhalten Unternehmen durch Erfüllung der Vergaberichtlinien. Der Zertifizierungsprozess beinhaltet die Erfüllung der Vergaberichtlinien aus den ÖKOPROFIT Programmen sowie dem Ergebnis der Unternehmensbegehung durch die Mitglieder der ÖKOPROFIT Kommission.

4.2.2. ISO 14001
Der Schwerpunkt eines Umweltmanagementsystems nach ISO 14001 beruht, wie beim Qualitätsmanagement nach ISO 9000, auf der kontinuierlichen Verbesserung entsprechend der Methode „Planen – Ausführen – Kontrollieren – Optimieren“ (Plan-Do-Check-Act, nach Deming).
Die Norm ISO 14001 gilt für unterschiedliche Branchen und Betriebsgrößen. Deshalb stellt die Norm keine absoluten Anforderungen für die Umweltleistung. Zwingend ist die Einhaltung aller Verpflichtungen, die sich das Unternehmen selbst in seiner Umweltpolitik auferlegt hat. Die 14001-Norm fordert eine Umweltpolitik, welche die Einhaltung der geltenden rechtlichen Verpflichtungen und anderer Anforderungen beinhaltet. So werden diese Vorgaben zwingend.
Ein Umweltmanagementsystem kann frei (und somit nicht zertifizierbar) oder entsprechend der Umweltmanagementnorm ISO 14001 realisiert werden. In der Europäischen Union gibt es zudem die Möglichkeit, ein UMS der EMAS-Verordnung entsprechend aufzubauen. Empfehlungen für das Umweltmanagementsystem sind in der als Leitfaden konzipierten Norm ISO 14004 festgehalten. Die beiden Normen ISO 14001 und 14004 sind im November 2004 in einer überarbeiteten Fassung veröffentlicht worden.
Da die Umweltmanagementnorm ISO 14001:2004 ähnlich strukturiert ist wie die ISO 9001:2000 (Qualitätsmanagement), kann ein vorhandenes QMS gut mit den Aspekten eines Umweltmanagements ergänzt werden.
Das Umweltmanagement setzt veränderte Denk- und Verhaltensweisen aller Mitarbeiter voraus. Deshalb kommt der Schulung im Umweltmanagement eine besondere Bedeutung zu. Firmen mit Umweltmanagement haben motivierte Mitarbeitende, denn diese merken, dass das Unternehmen auf die Zukunft ausgerichtet ist.
Das Umweltmanagementsystem wird von verschiedenen Anspruchsgruppen geschätzt. Einerseits von all den Kunden, die umweltverantwortliche Unternehmen bevorzugen. Aber auch die Nachbarn eines Unternehmens wissen, dass dieses seine Prozesse beherrscht. Dank des geringeren Risikos bevorzugen auch Banken und Versicherungen Unternehmen mit einem UMS.

4.2.3. EMAS (Eco-Management and Auditing Scheme)
EMAS wurde von der Europäischen Union entwickelt und ist ein Gemeinschaftssystem aus Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung für Organisationen, die ihre Umweltleistung verbessern wollen. Die EMAS-Verordnung misst der Eigenverantwortung der Wirtschaft bei der Bewältigung ihrer direkten und indirekten Umweltauswirkungen eine entscheidende Rolle zu. An EMAS teilnehmende Organisationen und Unternehmen haben eine Umwelterklärung zu veröffentlichen, in der sie unter anderem über ihre Auswirkungen auf die Umwelt (direkt oder indirekt), ihre Umweltleistung und ihre Umweltziele berichten. Die Umwelterklärung wird von einem unabhängigen Umweltgutachter, der einer staatlichen Überwachung unterliegt, auf ihre Richtigkeit hin überprüft und ist jährlich zu aktualisieren. Organisationen, welche die Überprüfung durch den Umweltgutachter erfolgreich durchlaufen, können sich in das EMAS-Register eintragen lassen (in Deutschland wird dies bei den zuständigen Industrie- und Handelskammern geführt) und dürfen das EMAS-Logo für ihren betrieblichen Umweltschutz führen.
Zur Verbesserung der Verbindung an die Industrienorm ISO 14001 wurden die dort genannten Voraussetzungen an das Umweltmanagement Bestandteil von EMAS. Pflichtaudittage wie bei ISO-Zertifizierungen gibt es bei EMAS nicht. Die jüngste Richtlinie der EU zu öffentlichen Vergaben gibt eindeutig Unternehmen mit EMAS den Vorzug.
Eine weitere Spezialisierung ist das Nachhaltigkeitsmanagement-Konzept EMASplus. Es folgt in Aufbau und Ablauf den EMAS-Standards. EMASplus beinhaltet darüber hinaus einen Verbesserungszyklus, der neben „Umwelt“ auch die Themen „Ökonomie“ und „Soziales“ einbezieht, über den Nachhaltigkeitsbericht eine transparente Information der Öffentlichkeit gewährleistet und durch unabhängige Gutachter validiert werden kann.

5. Maßnahmen im Bereich Soziales


Soziale Nachhaltigkeit
In neuerer Diskussion wird unter sozialer Nachhaltigkeit in den allermeisten Fällen das Verbot verstanden, in der Gegenwart irreversible Veränderungen an der Welt vorzunehmen, die von zukünftigen Generationen nicht gewollt werden könnten. In diesem Sinne wird oft auch von intergenerationeller Verteilungsgerechtigkeit (Generationengerechtigkeit) gesprochen. Dieses Verständnis von sozialer Nachhaltigkeit geht vor allem auf den Brundtland-Bericht zurück. Neben dem Aspekt der Sicherung der Grundbedürfnisse und der Armutsbekämpfung durch gerechten Zugang zu Chancen und Verteilung von Ressourcen bezieht die soziale Dimension dabei ausdrücklich die Frage der Geschlechterverhältnisse mit ein.
Nicht nur in der ökonomischen Theorie und Praxis, sondern auch in vielen anderen Lebensbereichen sind Nutzen- und Gewinnmaximierung zum vorherrschenden Zivilisationsmodell geworden, das andere Grundwerte wie Selbstbestimmung und Solidarität zurückdrängt. Die moderne Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft steht immer mehr unter den komplexen Zwängen globalisierter Märkte und dem Diktat der unreflektierten Beschleunigung. Arbeit hat einen anderen Stellenwert erhalten und erfordert neue Konzepte und Kompetenzen der Berufsorientierung. Chancengerechtigkeit ist auch in Deutschland nicht selbstverständlich. Die zunehmende Entgrenzung durch wirtschaftliche Prozesse sowie die immer wieder in Frage gestellte Universalität der Menschenrechte erfordern verstärkte Bemühungen bei der Schaffung wirkungsvoller Institutionen und Rahmenbedingungen. Sie erfordern vor allem aber ein schneller wachsendes allgemeines Verständnis ihrer Notwendigkeit.
Der technische Fortschritt im Kommunikationsbereich könnte und müsste nicht nur als Motor der ökonomischen Globalisierung genutzt werden, sondern auch zur Stärkung der Zivilgesellschaft, zur Globalisierung demokratischer Werte und zur transkulturellen Verständigung. Die vergangenen Jahre haben deutlich gezeigt, dass Globalisierung neben vielen Chancen auch große Risiken und ein erhebliches Gewaltpotenzial in sich birgt. Kulturelle Vielfalt wird als Bereicherung, aber auch als wachsendes Konfliktfeld wahrgenommen.

Schwerpunkte
Die gesellschaftliche Dimension der Nachhaltigkeit betrifft die Auswirkungen eines Unternehmens auf das Gesellschaftssystem, in dem es tätig ist. Dieses Feld teilt sich auf in wesentliche Leistungsaspekte zu Arbeitspraktiken, Menschenrechte, Gesellschaft und Produktverantwortung.
Die Aspekte der Kategorie Arbeitspraktiken basieren auf allgemein gültigen, international anerkannten Standards und den hierauf beruhenden gesetzlichen Regelungen.
Im Rahmen der Menschenrechte sollen Unternehmen sich darüber Gedanken machen, in welchem Umfang sie bei Investitionen und Verfahren zur Auswahl von Zulieferern und Auftragnehmern Menschenrechtsaspekte berücksichtigen. Dieser Blickwinkel betrifft bei Druckproduktionen namentlich die Beschaffung von Papier. Darüber hinaus decken die Indikatoren Schulungen von Mitarbeitern und Sicherheitskräften in Bezug auf Menschenrechte, Gleichbehandlung, Vereinigungsfreiheit, Kinderarbeit, die Rechte der indigenen Bevölkerung sowie Zwangs- und Pflichtarbeit ab.
Die gesellschaftlichen Leistungsindikatoren konzentrieren sich auf die Auswirkungen, die Unternehmen auf die Gemeinden haben, in denen sie operieren und darauf, wie die Risiken, die sich aus dem Zusammenwirken der Organisation mit anderen gesellschaftlichen und sozialen Einrichtungen ergeben könnten, verwaltet und vermittelt werden. Der Schwerpunkt liegt hier insbesondere auf Informationen zu Risiken, die mit Bestechung und Korruption, mit unzulässiger Einflussnahme auf die politische Willensbildung sowie mit monopolbildenden Praktiken verbunden sind.

Beschaffung von Rohstoffen
Wegen der grundgesetzlichen Verankerung der Menschenrechte und des Diskriminierungsverbots, ihrer Umsetzung in der Arbeits- und Sozialgesetzgebung und auch in den ansonsten vergleichsweise hohen Standards bei den Arbeitsschutzbestimmungen spielt die soziale Nachhaltigkeit bei vielen Unternehmen ohne Auslandsbezug keine nennenswerte Rolle. Eine auffällige Häufung von Verstößen gegen die Anforderungen sozialer Nachhaltigkeit kann aber auch in Deutschland in den Ruin führen. Jüngstes Beispiel hierfür ist die Drogeriemarktkette Schlecker.
Die Gefahr von grundlegenden Verstößen gegen die Anforderungen sozial nachhaltiger Wirtschaftsweise ist in unserer globalisierten Welt heute aber namentlich bei Wertschöpfungsketten besonders groß, die sich auch auf Entwicklungs- und Schwellenländer beziehen, sei es, dass dort die Rohstoffe geschöpft, Produkte gefertigt oder nach ihrem Gebrauch entsorgt werden.
Zahllose Wertschöpfungsketten beruhen auf Prozessen, die menschenrechtswidrig sind oder gegen internationales Arbeitsrecht verstoßen. Die Gefahr solchermaßen importierter Nachhaltigkeitsverstöße ist heute größer denn je. Der Rufschaden, der eintritt, wenn diese offenbar werden, steht außer jedem Verhältnis zu den „Einsparungen“, die durch sozial unerwünschte Beschäftigungspraktiken erzielt werden können.
Erneut ist in diesem Kontext das Gebot der Beschaffung von Rohstoffen aus nachhaltiger Bewirtschaftung anzuführen. Bei Druckprodukten nimmt hier Papier aus FSC-zertifizierter Herkunft eine überragende Bedeutung ein, da der FSC nicht nur ökologischen Schutz anstrebt, sondern überdies eine Gewährleistung für Prozesse übernimmt, die in Überstimmung mit den Menschenrechten, den grundlegenden Bestimmungen internationalen Arbeitsrechts (ILO) und elementaren Anforderungen an Arbeitsschutzvorschriften stehen.
Bezüglich der Menschenrechte als Bestandteil der sozialen Nachhaltigkeit sollte darüber hinaus alle Geschäftstätigkeiten und Lieferanten ermittelt werden, bei denen spezifische Risiken bestehen, dass sie mit Kinder-, Zwangs- oder Pflichtarbeit verbunden sind. Diesen Risiken sollten Sie dadurch begegnen, dass Sie diese Geschäftstätigkeiten ändern oder insoweit gefährdete Lieferanten ausschließen.

Handlungsfelder im Kontext der Arbeitsbedingungen
Weitere Nachhaltigkeitsleistungen eines Unternehmens im Umfeld sozialer Nachhaltigkeit werden durch folgende Kriterien offenbar:

➠Mitarbeiterfluktuation insgesamt und als Prozentsatz aufgegliedert nach Altersgruppe,
Geschlecht und Region
➠Mitteilungsfrist(en) in Bezug auf wesentliche betriebliche Veränderungen
➠Verletzungen, Berufskrankheiten, Ausfalltage und Abwesenheit
➠Unterricht, Schulungen, Beratungsangebote, Vorsorge- und Risikokontrollprogramme,
die Mitarbeiter in Bezug auf ernste Krankheiten unterstützen
➠Durchschnittliche jährliche Stundenzahl pro Mitarbeiter und Mitarbeiterkategorie, die
der Mitarbeiter aus- oder weitergebildet wurde
➠Programme für das Wissensmanagement und für lebenslanges Lernen, welche die
Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter fördern und ihnen im Umgang mit dem
Berufsausstieg helfen
➠Prozentsatz der Mitarbeiter, die eine regelmäßige Leistungsbeurteilung und
Entwicklungsplanung erhalten
➠Zusammensetzung der leitenden Organe und Aufteilung der Mitarbeiter nach Kategorie
hinsichtlich Geschlecht, Altersgruppe, Zugehörigkeit zu einer Minderheit und anderen
Indikatoren für Vielfalt
➠Verhältnis des Grundgehalts für Männer zum Grundgehalt für Frauen nach
Mitarbeiterkategorie

All diese Punkte können Sie selbst beeinflussen und hierdurch dafür sorgen, dass Ihr Unternehmen ein großartiger Arbeitgeber ist (und bleibt) und insofern sozial nachhaltig handelt.

6. Dokumentation der Klimaschutzmaßnahmen und der Nachhaltigkeitsstrategie im Nachhaltigkeitsbericht nach GRI


Die Dokumentation der wesentlichen Nachhaltigkeitsleistungen ist für Umwelt- bzw. Nachhaltigkeitsberichte oder für qualifizierte Auskünfte an Kunden erforderlich. Sie sollten zumindest quantitative und qualitative Aussagen zu den Punkten Energieverbrauch, Wasserverbrauch, CO2-Emissionen, Abwasseranfall und Abfallmenge enthalten.

GRI – der Standard
Hierfür – und generell für die Nachhaltigkeitsberichterstattung – bietet sich eine Orientierung an den Grundsätzen der Global Reporting Initiative (GRI) an. Hierbei handelt es sich um eine internationale Initiative, die de facto den Standard für die Berichterstattung über Nachhaltigkeitsleistungen gesetzt hat.

➠GRI ist der internationale Standard für Nachhaltigkeitsberichterstattung
➠Die Materialien von GRI sind umfassend dokumentiert und mit zahlreichen Beispielen
und Mustern illustriert
➠Der Einsatz der Materialien von GRI ist jedermann ohne Lizenz gestattet
➠Der Einsatz der Materialien erfolgt unentgeltlich

Daher empfehlen wir dringend die Anwendung der Unterlagen der Global Reporting Initiative (GRI), die Sie unter globalreporting.org einsehen und herunterladen können.

Einteilung in sechs Bereiche der Nachhaltigkeit mit mehr als 75 Indikatoren
GRI sieht eine Aufteilung der Nachhaltigkeitskriterien in mehr als 75 Indikatoren vor. Diese Indikatoren werden in sechs Gruppen (Bereiche) aufgeteilt, welche die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit abbilden. Es sind dies die Bereiche:

➠Kriterien der ökonomischen Nachhaltigkeit
➠Kriterien der ökologischen Nachhaltigkeit
➠Leistungsindikatoren der Arbeitsbedingungen
➠Einhaltung der Menschenrechte
➠Soziale Kriterien (im engeren Sinne)
➠Kriterien der Produktverantwortung

Einen deutlichen Schwerpunkt in diesem Katalog erfahren mit 29 Kriterien die Maßnahmen rund um die ökologische Nachhaltigkeit. Die übrigen Gruppen beinhalten je in etwa die gleiche Anzahl an Kriterien. Die Einteilung der Kriterien in diese sechs Bereiche erleichtert die Arbeit an jedem Nachhaltigkeitsprojekt – und zwar unabhängig von der Frage, ob überhaupt angedacht ist, einen Nachhaltigkeitsbericht anzufertigen oder zu veröffentlichen.
Wir empfehlen die Anwendung des GRI-Berichtsrahmens namentlich auch dann, wenn Sie nicht planen, einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen, da GRI alle relevanten Nachhaltigkeitsleistungen systematisch erfasst und solchermaßen alle Aspekte eines Nachhaltigkeitsprojekts aufzeigt. GRI ist damit ein nahezu unentbehrlicher Helfer bei der Systematisierung eines weiten Handlungsfeldes, auf dem man ohne Systematik schnell den Überblick verlieren kann.