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Treibhausgasbilanzierung – was man messen kann, kann man auch steuern

Treibhausgasbilanzierung – was man messen kann, kann man auch steuern

Im Volksmund heißt es so schön: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Im Falle von Unternehmen kann diese Denkweise aber sehr gefährlich sein.

Herkunft: Media Mundo
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Nicht über ein reibungslos funktionierendes Risikomanagement zu verfügen und aufgrunddessen nicht über die Risiken des eigenen Unternehmens Bescheid zu wissen, kann fatal sein und Ihrem Unternehmen und Ihrer Reputation großen Schaden zufügen (Link zu, „Was Sie nicht wissen, kann Ihnen weh tun!“). Zu den Risiken eines Unternehmens gehört - nicht erst seit gestern - auch der Klimawandel (Link zu Artikel „Globale Erwärmung und Treibhauseffekt“). Der Beitrag eines jeden, den Klimawandel in überschaubaren Grenzen zu halten, ist entscheidend. Auch Ihr Beitrag ist entscheidend, sei er auch noch so klein.

Damit Sie aber auf Ihren Beitrag Einfluss nehmen können, ist zunächst eine Analyse des Status Quo nötig. Denn, was man messen kann, kann man auch steuern.

Der erste Schritt ist demnach die Erstellung einer Treibhausgasbilanzierung.

Bei Unternehmen sind zumindest alle Emissionen in die Berechnung einzubeziehen, die im Greenhouse Gas Protocol („GHG-Protocol“) unter Scope 1 und 2 aufgeführt sind. Unter Scope 1 werden alle direkten Treibhausgasemissionen eines Unternehmens zusammengefasst, z.B. durch die Verbrennung von Treibstoffen, Heizöl oder Erdgas. Treibhausgasemissionen, die unter Scope 2 fallen, sind die indirekten Emissionen, die mit dem Kauf von Energie einhergehen (Strom, Hitze, Dampf). Des Weiteren können für eine besonders exakte Berechnung auch die im GHG-Protocol unter Scope 3 aufgeführten Emissionsquellen, wie z.B. die An- und Abreise der Mitarbeiter, Transportemissionen für Waren, Dienstreisen (Flüge, Bahnfahrten, Taxis, Mietfahr- zeuge), Reinigung, Entsorgung und aus weiteren indirekten Emissionsquellen, mit in die Berechnung einbezogen werden.
Diese Berechnung erfolgt stets unternehmensindividuell. Das Mengengerüst wird danach plausibilisiert und mit Werten unterlegt, die öffentlichen Emissionsdatenbanken entnommen wurden. Die bedeutsamsten Datenbanken für Treibhausgasemissionen sind ecoinvent und GEMIS (Globales Emissions-Modell Integrierter Systeme). Während ecoinvent kostenpflichtig ist, bietet das Öko-Institut für GEMIS einen kostenfreien Zugang, der regelmäßig mit neuen Werten aktualisiert wird.
Nach Berücksichtigung aller nach GHG-Protocol relevanten Emissionsquellen entsteht die Emissionsübersicht, auch CO2-Bilanz oder CO2-Fußabdruck genannt. Im Regelfall erstreckt sie sich auf die Emissionen des gesamten Unternehmens innerhalb eines Kalenderjahres. Die Systemgrenzen, also die Reichweite der Emissionsermittlung nach GHG-Protocol, sind in der zusammenfassenden Übersicht ebenso angegeben wie die Reichweite des CO2-Fußabdrucks innerhalb des Unternehmens sowie die Periode, für die er erstellt wurde.

Wesentlich komplexer gestaltet sich die korrekte Bemessung der Treibhausgasemissionen einer Sache („Product Carbon Footprint“), was im Wesentlichen zwei Gründe hat:
Anders als beim CO2-Fußabdruck eines Unternehmens, der für eine bestimmte Periode erstellt wird, ist bei der Ermittlung einer Sache auf deren Lebenszyklus einzugehen. Die Betrachtung erfolgt damit „von der Wiege bis zur Bahre“. Sie beginnt bei den Rohstoffen und deren Förderung, geht über Halbteile bis zu deren Zusammenbau, berücksichtigt alle hierbei und auch später anfallenden Transportemissionen, die Emissionen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs bis hin zu den Emissionen, die beim Recycling oder einer anderweitigen Endverwertung (z.B. thermische Verwertung) entstehen.
Je komplexer ein Produkt oder eine Dienstleistung aufgebaut sind, desto umfangreicher gestaltet sich der Erhebungsaufwand, um alle relevanten Treibhausgasemissionen bilanzieren zu können. Denn sie bedeutet im Idealfall die Kenntnis der konkret am Fertigungs-, Distributions-, Nutzungs- und Recyclingprozesses beteiligten Unternehmen, deren Treibhausgasemissionen sowie des Schicksals der Sache selbst.

Da oftmals die Zulieferer und Auftragnehmer einzelner Fertigungsstufen industriell gefertigter Produkte wechseln, ist es praktisch unmöglich, z.B. die Treibhausgasemissionen der Fertigung eines Kraftfahrzeuges einigermaßen genau zu ermitteln. Zudem hinge ein so erstellter CO2-Fußabdruck von so vielen Merkmalen der Sonderausstattung ab, dass er vermutlich im Zeitpunkt seiner Erstellung schon nicht mehr aussagekräftig wäre, weil hier, da und dort der Zulieferer für bestimmte Bauteile ausgewechselt wurde oder aber seinerseits die eigenen Emissionen erhöht oder gesenkt haben könnte.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass „Product Carbon Footprinting“ sich zwar derzeit thematisch einer besonderen Beliebtheit erfreut, dass es allerdings für noch nicht allzu viele Produkte eine entsprechende Kennzeichnung gibt, da die verschiedenen Standardisierungsbemühungen rund um Product Carbon Footprints derzeit international noch andauern. Als wichtigste Initiative gilt in Deutschland die PCF-Initiative. Am weitesten fortgeschritten ist Großbritannien mit PAS 2050 und international ist das PCF World Forum bedeutend, während ISO- und DIN-Normen zur allgemein gültigen Berechnung von CO2-Bilanzen für Unternehmen und Produkte derzeit noch ausstehen.

Katrin Tremmel