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Nachhaltigkeitskommunikation –  „Gedruckt auf recyclingfähigem Papier“

Nachhaltigkeitskommunikation – „Gedruckt auf recyclingfähigem Papier“

Nachhaltigkeit bedeutet Zukunftsfähigkeit und daher liegt es nahe, dass Unternehmen ihre Leistungen rund um ökologische und soziale Nachhaltigkeit auch gerne kommunizieren.

Herkunft: Media Mundo
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Die Kommunikation von Umwelt- und Sozialthemen ist ein Feld, in dem man manches richtig machen kann und vieles falsch. Nachhaltigkeit ist dann richtig kommuniziert, wenn die Botschaften relevant und nachprüfbar wahr sind, wenn keine Selbstverständlichkeiten als besondere Leistung angepriesen werden und wenn das Unternehmen, das sich der Leistung rühmt, auch angibt, welche Nachhaltigkeitsziele es verfehlt hat und was es zu tun gedenkt, um die Ziele künftig zu erreichen. Damit ist bereits zum Ausdruck gebracht, dass Nachhaltigkeitskommunikation so gut wie gar nichts mit den üblichen Aussagen des Marketings gemeinsam hat.

Weniger ist oftmals mehr


Über Nachhaltigkeit zu sprechen, ist aus mehreren Gründen eine heikle Angelegenheit: In der Regel wenden sich die Botschaften an einen Personenkreis, dessen Zusammensetzung nicht bekannt ist. Das bedeutet zugleich, dass man nicht weiß, ob und welche der angesprochenen Personen sich überhaupt für Nachhaltigkeit - in der Regel für ökologische und soziale Themen – interessieren.

Eine nicht zu unterschätzende Anzahl der Menschen hat kein Interesse, sich mit Nachhaltigkeitsthemen auseinanderzusetzen oder von Nachhaltigkeit nichts halten. Diesbezügliche Botschaften gehen also bestenfalls ins Leere.

Das Wissen um Nachhaltigkeitsthemen und die Bereitschaft, sich mit ökologischen und sozialen Fragestellungen zu beschäftigen, werden von Marketingmanagern vielfach überschätzt. Die Auswahl von Toilettenpapier oder Schokolade erfolgt typischerweise nicht aufgrund ökologischer oder sozialer Vorteilhaftigkeit der miteinander im Wettbewerb stehenden Produkte, sondern aus anderen Gründen, darunter Preis und Qualität. Hiervon ausgenommen ist eine kleine, gut gebildete, preislich wenig sensitive und für Nachhaltigkeitsthemen sensibilisierte Käufergruppe, die LOHAS (Akronym für „Lifestyle of Health and Sustainability“), bei der ökologische und soziale Attribute des Produkts oder der Dienstleistung kaufentscheidende Bedeutung erlangen können.

Möglich ist zudem ein negativer Imagetransfer vom jeweils adressierten Thema auf das Produkt. Wer fair gehandelte und unter Ausschluss von Kinder- und Zwangsarbeit produzierte Schokolade prominent mit einem erdachten Label „Frei von Sklavenarbeit“ versieht, geht das Risiko ein, dass diese – unterstellt – wahre Aussage den Käufer unversehens mit dem zentralen Problem der Herstellung von Schokolade konfrontiert und ihm damit spontan seine Kaufbereitschaft nimmt. Je größer das angesprochene Problem und je unwissender der potenzielle Käufer des Produkts ist, desto größer ist diese Gefahr.

Zielgruppenorientierung entscheidet – und starke Labels


Für die Kommunikation von Leistungen rund um Nachhaltigkeit ist es elementar, sich darüber Gedanken zu machen, wer diese Informationen unter welchen Umständen zur Kenntnis nimmt und welche Wirkungen diese Informationen potenziell haben. Es gibt Konsumenten, die Kaufentscheidungen sehr bewusst unter Einbezug vieler Aspekte der Nachhaltigkeit treffen. Aber auch diese sind oft nicht bereit, sich in einer typischen Einkaufssituation länger als unbedingt notwendig mit Produktinformationen auseinanderzusetzen, wenn sie beispielsweise unter Zeitdruck Einkäufe erledigen oder Gefahr laufen, dass die Kinder gerade die Regale ausräumen, während sie die Produktangaben einer beliebigen Ware zur Kenntnis zu nehmen versuchen.

In dieser Situation vertrauen die meisten in bestimmten Umfang auf das ein oder andere Kennzeichen, das die Einhaltung gewisser Eigenschaften verbürgt und so das gute Gefühl vermittelt, dass mit der betreffenden Ware insoweit „alles in Ordnung“ sei. Dieses Vertrauen sollte aber nur bekannten Labels entgegengebracht werden, die zum Beispiel von einer unabhängigen Nichtregierungsorganisation bereitgestellt werden. Beliebigen Labels und namentlich Eigenlabels der jeweiligen Marke, die soziale oder Umweltleistungen versprechen, stehen viele Kunden auch sehr skeptisch gegenüber. Das schreckt oft eher ab.

Die Bereitschaft des Verbrauchers, Informationen zur Kenntnis zu nehmen, die Fähigkeit, sie zu verstehen und richtig einzuschätzen und das Engagement, der Information und Einsicht gemäß zu handeln, sollte also nicht überschätzt werden.

B2B folgt anderen Regeln


Auf größeres Interesse stoßen Nachhaltigkeitsthemen zwischenzeitlich beim Verkauf an Wiederverkäufer, namentlich innerhalb von Zuliefer- und Wertschöpfungsketten. Hier ist aus zahlreichen Gründen die Auswahlentscheidung potenziell enger mit Kriterien der ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit verknüpft. Im B2B-Geschäft darf sowohl ein ausgeprägtes Interesse an diesen Themen selbst als auch eine bessere Informationslage bezüglich der zugrunde liegenden Probleme unterstellt werden. Anders als bei der Kommunikation in Richtung des Konsumenten ist in diesen Fällen die Kommunikation von Nachhaltigkeit gefahrlos möglich und wahrscheinlich vielfach von Nutzen.

Was wie kommunizieren – und wie nicht?


Gute Nachhaltigkeitskommunikation preist keine Selbstverständlichkeiten als eine besondere Eigenschaft oder Leistung an. Die Realität sieht in einer Welt der marktschreierischen Übertreibungen oftmals anders aus und zahlreiche Marketingverantwortliche sind aus diesem Grund für Nachhaltigkeitskommunikation ungeeignet. „Gedruckt auf recyclingfähigem Papier“ ist eine sinnfreie Aussage mit der leider immer wieder Druckprodukte beworben werden. Unternehmen, die ihre Kunden für so dumm halten, müssen sich nicht wundern, wenn diese ihnen wort- und grußlos den Rücken zukehren.

Entsprechendes gilt für die Einhaltung von Gesetzen. Auch das ist keine besondere Nachhaltigkeitsleistung, sondern in einem Rechtsstaat eine Mindestanforderung gesellschaftlichen Miteinanders.

Eine Aussage zu einer beliebigen Eigenschaft der Nachhaltigkeit muss relevant sein, wenn sie kommuniziert werden soll. Völlig belanglose „Fortschritte“ und „Leistungen“ bergen das Risiko, dass man diesbezügliche Aussagen künftig nicht mehr ernst nimmt. Das mag trivial klingen, aber die meisten Aussagen zu Nachhaltigkeit, die sich dem Vorwurf der Schönfärberei ausgesetzt sehen, drehen sich um minimale Verbesserungen der Umweltleistungen von Produkten von Unternehmen, die im Übrigen keine sehenswerte Ökobilanz vorweisen können.
Als Beispiel für fehlende Relevanz steht der Fall eines sehr großzügig motorisierten Geländewagens, dessen angebliche ökologische Leistung darin gesehen wurde, dass das Fahrzeug mit kompensierten CO2-Emissionen für die Laufleistung von 50.000 km ausgeliefert wurde. Es liegt auf der Hand, dass die Kompensation der Emissionen eines Fahrzeugs mit unter allen Gesichtspunkten unvernünftig hohem Verbrauch keine signifikante Umweltleistung darstellt. Sie fällt angesichts der zahlreichen ökologischen Nachteile des Fahrzeugs nicht nennenswert ins Gewicht und ist daher völlig irrelevant.

Auch an der nachprüfbaren Wahrheit scheitern viele werbliche Aussagen rund um die angebliche ökologische oder soziale Vorteilhaftigkeit eines Produkts oder Unternehmens. Zahlreiche Anpreisungen erschöpfen sich in schlichten Behauptungen. So wird vielfach beworben, ein Produkt sei „umweltfreundlich“. Sieht man einmal davon ab, dass diese Behauptungen in der Regel die Aufmerksamkeit von Nichtregierungsorganisationen auf sich ziehen, die in anschließenden Prozessen dann das genaue Gegenteil nachweisen, steht dahinter obendrein nichts als heiße Luft, da die Kriterien, die zu dieser Aussage führen, nicht offengelegt wurden. Damit sind diese Aussagen dem objektiven Vergleich entzogen.

Eine gute Handhabung besteht indes darin, erzielte Fortschritte bei der Verbesserung bestimmter Eigenschaften eines Produkts darzulegen. Gelingt es also zum Beispiel bei einer Verpackung, 30% Materialeinsparungen zu erzielen, dann ist dies eine signifikante Produktverbesserung. Sie kann daher in einer Form kommuniziert werden, die objektiv nachprüfbar ist. Im vorliegenden Beispiel wäre das beispielsweise die Aussage: „30% weniger Materialeinsatz gegenüber dem Vormodell.“ Demgegenüber wäre die Aussage „Jetzt noch umweltfreundlicher durch neue Verpackung“ in zweierlei Hinsicht bedenklich, denn sie suggeriert zum einen, dass das Produkt „umweltfreundlich“ sei, während in Wirklichkeit nur eine bestimmte Eigenschaft verbessert wurde, und zum anderen kann diese Aussage ohne weitere Angaben nicht nachgeprüft werden.
Es versteht sich von selbst, dass pauschale Aussagen nie nachprüfbar wahr sind und also stets dem Vorwurf des „Greenwashing“ ausgesetzt sind.
Vergleichen mit Produkten anderer Unternehmen oder Industrien sind typischerweise ebenso falsch. Es geistern beliebig viele unsinnige Vergleiche umher und die Welt benötigt keinen weiteren. Papier sei umweltfreundlicher als Kunststoff, sagt die Papierindustrie. Kunststoff sei umweltfreundlicher als Papier, sagt die Kunststoffindustrie. Beide haben Unrecht und beide kommunizieren schlecht.

Fazit


Es sollten nur solche Umweltleistungen eines Produkts oder eines Unternehmens kommuniziert werden, von denen das Unternehmen selbst überzeugt sind. Dies sind Fortschritte, die relevant sind, also eine gewisse Bedeutung haben. Diese Fortschritte sollten in einer objektiv nachprüfbaren Form vermittelt werden. Diese ist in der Regel dann auch frei von Übertreibungen oder bloßen Behauptungen.

Alexander Rossner