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Grüne Tinte

Grüne Tinte

Analysiert man digitale Druckprozesse im Großformatdruck unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit, kommt man nicht umhin, sich auch mit dem Thema Tinte auseinanderzusetzen. Vier Technologien sind hier miteinander zu vergleichen: Solvent, Latex, UV und

Herkunft: Media Mundo
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Selbst modernste Solventsysteme enthalten bis zu 80% Lösungsmittel. Diese sind nicht gerade umweltverträglich und auch mit Blick auf die Gesundheit der Mitarbeiter keine ideale Lösung für eine nachhaltige digitale Großformatproduktion.
Lösemittelfarben bestehen aus pulver- oder granulatförmigen Polymeren, aus Harzen und Bindemitteln. Sie beinhalten Stoffe wie Acryl, Vinyl und Polyester. Die Bindemittel werden in einer Mischung aus flüchtigen Lösemitteln aufgelöst. Ziel ist es, eine Flüssigkeit mit einer für den Druck geeigneten Viskosität entstehen zu lassen. Deckkraft und Farbraum erhalten die Tinten durch Pigmente. Diese werden jeweils entsprechend ihrer Kompatibilität mit dem jeweiligen Bindemitteln, ihrer Lichtechtheit und ihren Beschaffungskosten ausgewählt. Für ein einheitlich deckendes Druckbild ist es entscheidend, dass eine gleichmäßige Verteilung der Pigmente bei kleiner Partikelgröße erreicht wird.

Aus Sicht der Nachhaltigkeit bedenklich sind vor allem auch die Additive wie Benetzungsmittel und Verlaufsverbesserer, die den Tintenaustritt am Druckkopf und die Druckleistungen beeinflussen, denn die Farbe trocknet durch Verdunstung der Lösemittel. Diese auch VOCs (Volatile Organic Compounds – also flüchtige organische Komponenten) genannten Bestandteile der Tinten gelangen im Drucksaal in die Atemluft. Dort können Sie bei Mitarbeitern Symptome wie Kopfschmerzen, Reizungen der Atemwege, Allergien, Müdigkeit und Schlafstörungen verursachen. Mediziner fassen das daraus entstehende Krankheitsbild unter dem Begriff „Sick Building Syndrome“ zusammen. Die Symptome führen zu einer allgemeinen Leistungsminderung und machen Lösungsmittel somit auch aus einer rein betriebswirtschaftlichen Sicht zu einem ernstzunehmenden Problem. Um diesem zu begegnen, kommen mittlerweile häufig Abluftanlagen zum Einsatz, die aber wiederum viel Energie verbrauchen und die lösungsmittelhaltige Luft direkt in die Umwelt pumpen. Zudem stellt die Empfindlichkeit der Drucke während der Trocknungszeit eine logistische Herausforderung dar und begrenzt die mögliche Produktionsgeschwindigkeit.
Die in Lösungsmitteln enthaltenen VOCs zählen zu den Treibhausgasen und tragen zur globalen Erwärmung bei. Bereits 2003 hatten Lösungsmittel – die, wie man der Fairness halber erwähnen sollte, bei Weitem nicht alle im Druck zum Einsatz kamen – einen Anteil von rund fünfzig Prozent an den von Menschen in Deutschland verursachten Treibhausgasen.

Latextinte

In dem Versuch, die Menge der Lösungsmittel in Drucktinten spürbar zu reduzieren, wurden von HP die Latexsysteme entwickelt. Diese kommen mit einem Lösungsmittelanteil von rund zwanzig Prozent aus. Zudem sind die Lösungsmittel als wassermischbare Feststoffe in der Tinte integriert, die bei der Trocknung kaum in die Luft übergehen. Die Trocknung und Aushärtung der Farbe erfolgt über ein Infrarot-Heiz- und Belüftungssystem. Und genau hier liegt sowohl aus ökologischer Sicht als auch aus produktionstechnischer Sicht ein Schwachpunkt des Systems: das Erhitzen der Drucke zur Trocknung verbraucht viel Energie und die freiwerdende Hitze schränkt die möglichen Drucksubstrate ein.
Im Gegenzug ist die Latextinte an sich umweltfreundlicher als jede andere derzeit verfügbare Tinte für den digitalen Großformatdruck. Die Drucke sind nach der Trocknung auch für den Außeneinsatz geeignet, geruchsneutral und schwer entflammbar.

UV-Systeme

Kein anderes digitales Großformatsystem kommt mit weniger Lösungsmitteln aus als UV-Systeme. Laut Angaben der Firma EFI beträgt der Lösungsmittelanteil in ihren Tinten weniger als 0,06%. Herstellungsprozess und Zusammensetzung der Tinten sorgen allerdings zunächst trotzdem für eine schlechtere Ökobilanz als Latextinten vorweisen können. Dieser Vorsprung der Latextechnologie wird allerdings durch einen spürbar geringeren Energieaufwand während des UV-Trocknungsprozesses ausgeglichen. Da hierbei zudem deutlich niedrigere Temperaturen herrschen als bei der Trocknung der Latextinten, kann fast auf jedes Substrat gedruckt werden. Sogar strukturierte Materialien und Substrate mit einer Druckhöhe von bis zu zehn Zentimeter lassen sich verarbeiten. Vor allem aber können mehr rezyklierte, dünnere und hitzeempfindliche Materialien verwendet werden, die mit anderen Drucksystemen nicht kompatibel sind. Gerade dünnere Materialien bedeuten auch geringere Transportkosten, was ebenfalls für das System spricht. Ein weiterer Pluspunkt für kreative Anwendungen ist die Möglichkeit, Weiß als vollwertige Druckfarbe nutzen zu können.

Die Tinte härtet unter dem Einfluss der UV-Lampen direkt auf dem jeweiligen Material aus und bildet eine Schicht mit einer leicht satinierten Anmutung, die durch weitere Veredelung wie Laminieren oder Lackieren allerdings noch verändert werden kann. Dies wird insbesondere mit Blick auf eine Verlängerung der Haltbarkeit im Außeneinsatz und eine erhöhte Kratzfestigkeit der Drucke gerne in Anspruch genommen, wirkt aber der eigentlich recht positiven Ökobilanz des UV-Drucks entgegen.

Der umweltbewußte Anwender sollte zudem darauf achten, dass er für die Härtung ozonfreie Mitteldruckdampflampen einsetzt. Lampen produzieren Ozon, wenn kurzwellige UV-Energie mit Sauerstoff reagiert. Allerdings läuft dieser Prozess nur ab, wenn die Lampen sich langsam auf ihre Betriebstemperatur erwärmen. Die auftretenden Luftströme vertreiben die Ozonreste in der Luft. Anders als die Emission von Lösemitteln führt Ozon nicht zu Umweltbelastungen, sondern wandelt sich beim Auftreffen auf die Umgebungsatmosphäre des Drucksystems auf natürliche Weise wieder in Sauerstoff um.

LED-UV

LED-UV-Systeme reduzieren den Energieverbrauch, der für die Trocknung benötigt wird, noch weiter. Dabei liegt die technische Änderung zum einen in den LEDs. Diese benötigen rund fünfzig Prozent weniger Energie als dies bei traditionellen Härtungsmethoden der Fall ist. Da die Lampen zudem für über die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs der konventionellen Druckmaschinen verantwortlich sind, können Druckdienstleister mit dieser Technologie ihren Energieverbrauch für die Druckmaschine im Mittel um gut 25% senken.
Ermöglicht wird dieser geringere Energieaufwand aber erst durch die neue Farbchemie. Diese basiert auf hochsensible Photoinitiatoren, die schon bei einem geringeren Energiespektrum beginnen zu polymerisieren.

Anja Schlimbach


Umweltfreundliche Druckfarben

Der Trend geht ganz klar weg von den klassischen Lösemitteltinten hin zu Harztinten auf Wasserbasis. Wir stehen hier zwar erst am Anfang, aber die Richtung ist klar vorgezeichnet. HP, Städter und Sepiax waren die ersten, die diesen Weg eingeschlagen haben; mittlerweile bringen immer mehr Hersteller erste Generationen ihrer Entwicklungen auf den Markt. Karl-Heinz Ebner, Marketing & Sales Director der SEPIAX Ink Technology GmbH erklärt die Hintergründe.

Was macht die Tinten umweltfreundlicher?
Mangels offizieller Definition erachten wir bei Sepiax Tinten als umweltfreundlicher, die bei ähnlicher Funktionalität geringeren negativen Einfluss auf die Umwelt nehmen. Dies umfasst im Wesentlichen die Auswirkungen auf die Qualität des Arbeitsumfeldes wie etwa die Freisetzung von schädlichen Lösemittel und/oder Monomeren, Aerosolen etc. sowie den ökologischen Fußabdruck, also die Energiebilanz, den CO2-Ausstoß, die Möglichkeit wiederverwertbare, nachhaltige Materialien zu bedrucken oder die Deinkbarkeit von Bedruckstoffen.

Welche Unterschiede weisen umweltfreundliche Tinten in der Produktion zu herkömmlichen Tinten auf?
Digitaldrucktinten benötigen hochkomplexe Produktionsabläufe. Nur so kann die Qualität und somit deren Funktionsweise sichergestellt werden. Deshalb unterscheidet sich die Herstellungsprozesse nicht wesentlich. Das Um und Auf liegt in der Formulierung, dem Einsatz von Wasser als Tintenträger sowie der Verwendung von unbedenklicheren Inhaltsstoffen.

Für welche Anwendungen eignen sich die umweltfreundlichen Tinten?
Jede Anwendung, die mit umweltfreundlicherer Tinte gedruckt wird, ist positiv zu sehen. Allerdings ist der Effekt sehr überschaubar, wenn damit zum Beispiel PVC-Banner bedruckt werden. Hier stehen 5g Tinte 300 − 800 g PVC pro Quadratmeter gegenüber. Wir sehen aber immer mehr Bedruckstoffe wie Polyolefine oder PLA am Markt auftauchen, die nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch interessante Alternativen darstellen. Neben dem klassischen Werbebereich verzeichnen wir aber eine immer stärkere Nachfrage aus dem industriellen Sektor und hier insbesondere aus lebensnahen Bereichen.

Wie wirken sich umweltfreundliche Tinten auf die Druckkosten aus?
Im Falle von Sepiax sehr positiv. Dadurch, dass die Tinte das Substrat nicht anlöst und eindringt, sondern an der Oberfläche bleibt, benötigt man durchschnittlich 50% weniger Tintenauftrag als mit Lösemittelsystemen. Auch können günstigere, weil nicht vorbehandelte Materialien verwendet werden. Dadurch ergeben sich wesentlich geringere Kosten pro Quadratmeter.

Gibt es Beschränkungen bezüglich der Druckköpfe?
Eigentlich nicht; mir ist nur ein Hersteller bekannt, dessen Technik mit wasserbasierten Tinten nicht kompatibel ist.

Wie funktioniert die Trocknung? Ist auch die umweltfreundlich?
Bei Tinten hat man es mit Flüssigkeiten zu tun und die müssen getrocknet werden. Energiezufuhr ist dafür unumgänglich. Es ist richtig, dass Wasser höhere Energiemengen als Lösemittel braucht, um zu verdunsten. Bedenken Sie aber bitte, dass dafür keine Absaugvorrichtung notwendig ist, welche nicht unwesentliche Anschaffungs- und Betriebskosten verursacht. Außerdem benötigen Sepiax Tinten auf glatten, hydrophoben Materialien nur 5 bis 10 °C mehr als herkömmliche Ecosolvent-Tinten.

Lassen sich die entsprechenden Tinten deinken?
Die Herausforderungen beim Deinken liegen im Bereich Papier. Andere Wertstoffe sind hier unproblematischer, weil unempfindlicher. Ich kann nur für Sepiax sprechen, aber unsere Erfahrungen sind sehr vielversprechend. Wir haben diese Versuche gemeinsam mit INGEDE Deutschland durchgeführt und konnten mit herkömmlichen Zeitungspapier ohne Adaptierung bereits sehr gute Werte erreichen.

Gibt es Umweltlabels für die Tinten?
Keine tintenspezifischen und deshalb sind die europäischen Hersteller hier gefordert. Es bedarf Standards, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass Eigenkreationen und Pseudolabels den Markt überschwemmen, so die Verwender verwirren und dem Greenwashing ist Tür und Tor geöffnet. Im Konsumentenbereich gibt es für Farben und Lacke das Europäische Umweltzeichen. Das wäre ein möglicher Ansatz für die Industrie.