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Nachhaltigkeit im Corporate Sounddesign

Nachhaltigkeit im Corporate Sounddesign

Corporate Sounddesign kommuniziert die Botschaft der Marke und ihre Werte im Augenblick. In Zusammenarbeit mit Christian Ogrinz ist das WhitePaper "Nachhaltiges Corporate Sounddesign" entstanden.

Herkunft: Media Mundo
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Was hat Nachhaltigkeit mit Corporate Sounddesign zu tun?


Musik ist körperlos, ätherisch, nicht greifbar. Sound hinterlässt keine Spuren, erst recht keine Abfälle, ist schnell wie der Gedanke und genauso flüchtig …
oder eben nicht.

Klang erzeugt Kontext.
Klang löst Erinnerungen aus.
Klang weckt Gefühle.

Und darum ist Corporate Sounddesign an Nachhaltigkeit gebunden! Denn wer mit Gefühlen spielt, verspielt Vertrauen.
Nachhaltigkeit im Corporate Sounddesign heißt einen Weg beschreiten.
Corporate Sounddesign muss eine nachvollziehbare Geschichte sein, auf die man sich als Hörer einlassen kann, weil sie den Regeln einer Erzählung folgt.
Corporate Sounddesign muss wachsen wie eine Pflanze. Nachhaltigkeit bedeutet hier, den Sound von heute ins morgen wachsen zu lassen.

Dabei muss der Sound ein hochkomplexes Innenleben bei schlichter Erscheinung haben.
Die „Nährstoffe“ Melodik, Harmonik und Rhythmik müssen ausgewogen einfließen.
Eine zeitlose Melodie, ein Beat von heute und der Sound von morgen:
Das sind die Grundlagen für Nachhaltigkeit im Corporate Sounddesign.

Christian Ogrinz beantwortet Fragen von Daniel Überall



„Corporate Sounddesign ist wahrgenommene Verantwortung“
- Kann überhaupt von Nachhaltigkeit gesprochen werden oder ist das, wovon Sie sprechen, nicht eher zeitloser, gefälliger Sound?

Mein Verständnis von Nachhaltigkeit orientiert sich in erster Linie an den Ursprüngen in der Forstwirtschaft. Damit kann ich am meisten anfangen, weil es aus dem Leben gegriffen ist. „Zusehen, dass etwas nachwächst“ würde ich also Nachhaltigkeit definiert wissen wollen.
Was Sound anbelangt, so ist gerade der, wie übrigens auch der Rhythmus, alles andere als zeitlos. Deshalb ist meine Arbeit im Corporate Sounddesign dynamisch angelegt. Das Prinzip Remix spielt eine maßgebliche Rolle. Eine Melodie kann die Zeiten überdauern, gerade dann, wenn sie „gefällig“ ist, also schlicht und eingängig. Im steten Wandel der Zeiten kann sich eine solche Melodie im Remix entfalten. Also gewissermaßen nachwachsen.

- Handelt es sich bei Sounddesign um eine akustisch-emotionale Unterstützung von Botschaften (Corporate Communications)?

Sound ist die Botschaft. Bei weitem größer und stärker als unser Bewusstsein ist unser Unterbewusstsein! Hier wirkt Sound. Wenn also der Corporate Sound nicht nachhaltig ist, ist die Marke nicht nachhaltig. Sie brauchen ein Audiologo, das Sie nach zigmal noch immer hören können. Weil es schlicht ist. Und in sich hochkomplex. Wie eine Blume. Nur die Schlichtheit als Besinnung auf das Wesentliche kann nachhaltige Entwicklung eröffnen.

- Ein schöner Gedanke. Sie sagten „Sound ist die Botschaft“ – müsste es nicht heißen „Sound ist elementarer Teil der Botschaft“?

Corporate Sounddesign funktioniert nicht als „Teil“ einer Botschaft oder als „Ergänzung“ von Unternehmenskommunikation. Dazu braucht man kein Corporate Sounddesign, sondern irgendwelche Musik, die zur Stimmung passt. Corporate Sounddesign ist der hör- und fühlbare Anspruch eines Unternehmens, einer Marke.

- Ist Sounddesign als Bestandteil einer vierten Säule „Kultur“ anzusiedeln oder wo verorten wir diesen eigentlich ökonomischen Bereich?

Corporate Sounddesign oszilliert zwischen Umwelt, Wirtschaft und Sozialem.
Unser Formempfinden ist primär durch die Wahrnehmung von Natur und Umwelt geprägt. Wirtschaft und Sounddesign sind verbunden wie Pop und Massenmedien. Der sozialen Verantwortung begegnen wir in einem Sound, der den Anspruch von Kultur in einen Weltklang zu integrieren weiß, in dem die Musik und damit das Lebensgefühl der Armen und Schwachen teilhaben.
Corporate Sounddesign ist für mich eine Querstrebe.

- „Pop und Massenmedien“ sind aber teilweise negativ besetzt. Soll Corporate Sounddesign nicht positive Emotionen hervorrufen?

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Natürlich haben Pop und Massenmedien ihrenegativen Seiten. Aber Begriffe wie „Politik“ sind auch teilweise negativ besetzt. Sollen wir deshalb nicht mehr davon sprechen? Solche Verdrängungstendenzen halte ich auch im Marketingbereich für höchst fragwürdig. Ich selbst bin dafür, die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Und dann das Beste daraus zu machen.
Von „positiven Emotionen“ würde ich dagegen nie sprechen. Die gibt es genau genommen gar nicht. Jedes Gefühl ist eine Mixtur. Wenn Sie z.B. davon ausgehen, das Tongeschlecht Moll klingt traurig, dann könnte man traurige Musik ganz einfach mit der Aneinanderreihung von Moll-Akkorden machen. Dabei ist Musik, die wirklich traurig und anrührend klingt, immer eine Mischung aus Moll- und Dur-Akkorden im Wechsel. Umgekehrt gilt das genauso: Dur allein macht nicht froh – jedes Ding braucht seinen Schatten!

- Sie sprachen vorhin von „Weltklang“. Was ist damit gemeint? Und: Ist Musik das Lebensgefühlt der Armen und Schwachen? Der Satz klingt, als würde man den Hunger und die Ungerechtigkeit in der Welt durch Audiologos beseitigen.

Im Pop begegnet uns tatsächlich das Lebensgefühl der Armen und Schwachen. Pop war im 20. Jahrhundert die Antwort des Westens auf die kommunistische Propaganda. Und hat den Streit der Systeme gewonnen. Im Pop artikulieren sich Ansprüche auf Freiheit, Gerechtigkeit, Frieden und Selbstverwirklichung. Alles demokratische Tugenden und Errungenschaften.
Indem die Öffentlichkeit Musik hört, die von Afroamerikanern und Afroeuropäern gemacht wird, verändert diese Musik die Wirklichkeit in konstruktiver Weise. Die abschätzige Haltung der weißen Bevölkerung der USA und Europas ist durch die Popularität des HipHop „von innen heraus“ gemäßigt worden. Ebenso ist seit den 90ern in den USA die Integration der Latino-Bevölkerung Hand in Hand mit der Verbreitung ihrer Musik erfolgt. In Europa ist die „HipHop-Kultur“, wie sie mittlerweile genannt wird, das Sprachrohr und Ventil der Jugend ohne und vor allem mit Migration. Musik schafft Einfluss und sorgt für Gerechtigkeit. Deshalb ist im Corporate Sounddesign diese Dimension von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
„Weltklang“ stellt für uns die Frage nach der Verortung von Corporate Sound in der Welt. Wo und wofür steht ein Unternehmen?

- Welchen gesellschaftlichen Beitrag leistet Corporate Sounddesign?

Gesellschaftlich betrachte ich Corporate Sounddesign als hörbar gemachten Anspruch. Ein Ideal. Als Statement. Nachhaltigkeit im Corporate Sounddesign erfordert Integration und Modifikation unter Wahrung dieses Ideals im Kern.
Ich bezeichne diese Tendenz als progressiven Konservativismus. Corporate Sounddesign ist damit nichts geringeres als wahrgenommene Verantwortung.

- Sounddesign ist also nicht einfach eine Ergänzung verantwortlicher Unternehmenskommunikation?

Corporate Sounddesign kommuniziert die Botschaft der Marke und ihre Werte im Augenblick. Eine Sekunde – ein Gefühl!

- Gibt es auch Corporate Sounddesign ohne Berücksichtigung nachhaltiger Überlegungen?
Wie unterscheiden sich beide Vorgehen?


Es gibt eine Reihe von Beispielen, wo der Aspekt der Nachhaltigkeit ganz oder wenigstens teilweise unbeachtet bleibt. Der klassische Fall ist das Nichteinhalten der Prämisse der Einheitlichkeit.

- Mit das höchste Ziel bezüglich Nachhaltigkeit ist die Vielfalt. Sollten wir darum nicht besser von „Erkennbarkeit“ oder „Klarheit“ sprechen?

Einheitlichkeit stellt von sich aus keinen Widerspruch zur Vielfalt dar.
Umgekehrt darf die Vielfalt nicht zur Willkürlichkeit geraten. Willkürlichkeit sorgt für Einbußen.
Apropos Erkennbarkeit: Ein Audiologo, das lediglich aus einem Geräusch besteht, kann man noch weniger wiedererkennen und entwickeln als eines, das harmonisch aber kaum melodisch ist, oder eines, das zwar mit einer witzigen Melodie aber einem gänzlich uninteressanten Sound daherkommt.
Das Ineinandergreifen von Melodik, Harmonik, Rhythmik und Sound ist das offene Geheimnis von Nachhaltigkeit im Corporate Sounddesign.

- Sie meinen Akzeptanz durch die Empfänger?

Ich meine Klarheit. Wir sprechen hier von einer transparenten Entwicklung.Die wird vom Hörer akzeptiert, weil er sie nachempfinden kann.

- Wie sieht die „Klangfarbe“ für Nachhaltigkeit aus? Kann man das pauschal beantworten?
Muss man das branchenspezifisch sehen?


Die Klangfarbe für Nachhaltigkeit müssen Sie sich als einen Abschnitt des Farbspektrums vorstellen. Es geht um Offenheit und um Gewichtung. So wäre zum Beispiel Grün allein viel zu einseitig. Je nach Branche und Anspruch sollte man das Spektrum in die eine oder andere Richtung offen halten: Grün – Gelb – Orange. Oder Grün – Türkis – Blau.
Stellen Sie sich Grün z.B. als eine schöne frische Mischung aus Jazz und Klassik vor. Mit Blau als Jazz und Gelb als Klassik. Dann ist Rot Pop. Und Orange wäre eine klassische Art von Pop. Was meinen Sie, wie schön könnte Türkis klingen? Wie eine Besetzung Schlagzeug, Kontrabass, Klavier?
Der Entwicklung der Marke wird also vom Sounddesign Rechnung getragen, und je nach Anlass oder Phase können Gewichtungen vorgenommen werden. Die Klangfarbe der Nachhaltigkeit funktioniert wie die Flagge eines Staates. Vielleicht dominiert eine einzelne Farbe. Trotzdem wird sie geprägt von den anderen Farben und entfaltet erst in diesem Kontext ihre Wirkung.

- Kann man ernsthafte Nachhaltigkeitsbestrebungen durch Klang/Sound emotional als „gutes Gefühl“ verstärken?

Gefühle entwickeln sich. Ein Klang, der sich nicht verändert, verursacht zwar Wiedererkennung aber keine wirkliche Emotionalität.
Gefühlen muss man Zeit zum wachsen lassen. Und man muss bescheiden bleiben: es ist nur eine Marke. Selbst bei einer sehr erfolgreichen Marke wird sich das Gefühl für eine koffeinhaltige Brause in seinen natürlichen Grenzen halten.

- Finden wir hier nicht ein Beispiel, das nicht auf der Dunklen Seite der Macht steht?

Erinnern Sie sich an die Fußballweltmeisterschaft in Südafrika? Da konnte man am Spielfeldrand etwas seltsames beobachten: der altbekannte Schriftzug „weiß auf rotem Grund“ war ersetzt worden durch „weiß auf grünem Grund“. Das hat eine ungeheure Spannung verursacht, weil man als Betrachter ständig das „Original“ erinnerte.
Das blieb in der gesamten Vorrunde so. Und dann, im Achtelfinale: Zack!
„weiß auf rotem Grund“, Tor!
Gelingt es also, eine Kohärenz von Marke und ihrer Kommunikation zu ermöglichen, ist sehr viel gewonnen. Insofern spielt Sound eine nicht zu unterschätzende Schlüsselrolle, auch in der Kommunikation von ersthaften Nachhaltigkeitsbestrebungen. Musik und Klang vermögen Herzen zu öffnen.

- Wie relevant ist entsprechendes Sounddesign für unternehmerische Nachhaltigkeits-Prozesse? Es sollte so sein wie ein Blick in den Spiegel – aha, alles klar!

Der einmal gesetzte Anspruch eines Unternehmens (z.B. Nachhaltigkeit) begegnet jedem Mitarbeiter und auch den Entscheidungsträgern tagtäglich im Corporate Sounddesign, im Markengefühl wieder. Der Sound gehört zur Marke wie der Schatten zu Peter Schlemihl in der wundersamen Erzählung Adelbert von Chamissos: wehe, einer trennt sich vom anderen!

- Kann man die angeführten Annahmen und Argumente auch auf andere, nicht-ökonomische Zusammenhänge übertragen?

Übersetzt man Corporate Sound mit Körperschafts-Klang, wird deutlich, dass es um die hörbare Identität jeglicher Vereinigung geht: ob NGO oder Stadtbezirk, politische Partei oder eingetragener Verein. Die nachhaltige Entwicklung einer Corporate Identity geht Hand in Hand mit ihrem Sound.
Und noch einen Faktor bitte ich Sie zu beachten: Die Freude und das Vergnügen an Musik, an Klang und Sound sind unbezahlbar. Betrachten Sie deshalb Corporate Sounddesign auch als Geschenk, das Sie überreichen.

- Ein Geschenk an Kunden und Stakeholder?

Nicht allein. Das würde zu kurz greifen.

- Ein Impuls in die Gesellschaft? Um positive Emotionen hervorzurufen?

„Wer die Welt verändern will, der fange bei sich selber an.“