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Verwendung grafischer Papiere

Verwendung grafischer Papiere

Die vorliegende Empfehlung ist das Ergebnis einer Diskussion des Media Mundo Beirats für nachhaltige Medienproduktion, der sich für die Einführung von Best-Practice-Methoden in der Medienproduktion einsetzt.

Herkunft: Media Mundo
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Empfehlung


(1) Die beste Form des Gebrauchs von Papier ist der sparsame und umsichtige
Einsatz von Papier (gemäß der von 50 NGOs weltweit unterzeichneten PaperVision:
www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/pdf_neu/PaperVision_NGO.pdf)

(2) Der Einsatz von Recyclingpapier ist gegenüber der Verwendung von Frischfaserpapier stets vorzugswürdig. Das Umweltzeichen Blauer Engel ist dabei das empfehlenswerteste Siegel.
Denn nur dieses Siegel garantiert, dass das Papier überwiegend aus Altpapier hergestellt wurde, welches zudem bereits in Umlauf war. Zusätzlich fordert der Blaue Engel die Erfüllung strengster bei der Papierherstellung, verbietet schädliche Chemikalien und stellt gleichzeitig sicher, dass dieses Papier höchsten Qualitätsanforderungen (wie z.B. Gebrauchstauglichkeit, Archivierbarkeit) gerecht wird. 4) 5) 6) 7) Sind entsprechende Papiere nicht verfügbar, sollten Papiere mit hohen Recyclinganteilen bevorzugt werden.

(3) Soweit der Gebrauch von wiederverwertetem Papier im Einzelfall nicht möglich ist,
muss Papier eingesetzt werden, das nachweislich aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt.
Diesen Nachweis kann nur ein unabhängiges Forstzertifikat erbringen, das der Wahrung
und Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Funktionen der Forstbetriebe verpflichtet ist. Als glaubwürdiges Zertifikat empfehlen wir derzeit Frischfaserpapier mit dem Zeichen des Forest Stewardship Council (FSC). 8) 9) 10) 11) 12) 13)

(4) Papier, das nahe am Verwendungsort produziert wird, hat Vorrang gegenüber Papier,
das fern vom Verwendungsort produziert wird. 14)

(5) Zwischen mehreren gleichermaßen geeigneten Papieren hat dasjenige den Vorzug,
welches unter Verwendung nachhaltiger und ressourcenschonender Energiequellen
hergestellt wird. 15) 16) 17)

(6) Papier ist nach seinem Gebrauch sauber von anderen Wertstoffen getrennt der
Wiederverwertung zuzuführen. Herstellungs-, Druck- und Veredelungsverfahren sind
so zu gestalten, dass das Papier ohne schädliche Umwelt- und Gesundheitseinflüsse
wiederverwertet werden kann. 18) 19) 20)

Begründung


1) Der Gebrauch von Papier ist grundsätzlich weder gut noch schlecht. Gut ist, wenn ein Papier als Informationsträger die geplante Zielgruppe erreicht. Schlecht ist, wenn ein Papierprodukt nicht beim geplanten Empfänger ankommt und dadurch sinnlos produziert wurde und von der Produktion direkt im Recycling- oder Abfallkreislauf landet. Folgende Punkte stehen für einen sinnvollen und sparsamen Einsatz von Papier:

-Zielgruppengerichteter Vertrieb (Vermeidung „falscher“ Empfänger)
-Doppelseitige Verwendung
-Reduktion der Papiergrammatur
-Papiereffizienter Druck (keine unnötige Platzverschwendung)
-Optimierte Response-Raten

Es kommt also stets auf die konkrete Form der Verwendung und auf die Herkunft des Papiers an.

2) Übersystemische Vergleiche (z.B. solche zwischen dem Einsatz von Papier als Informationsträger und der elektronischen Übermittlung von Information) lenken vom Thema ab und sind daher nicht zielführend. Diese Empfehlung beschränkt sich daher auf den Gebrauch von Papier, wo dieser für notwendig gehalten wird.

3) Dem Umstand, dass Papierfasern mehrfach wiederverwendet werden können, wird dadurch Rechnung getragen, dass vom Gebrauch von Papier – und nicht von dessen Verbrauch – gesprochen wird.

4) Das Argument, dass Frischfaserpapier die logische Voraussetzung für Altpapier ist, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der mehrfache Gebrauch derselben Sache gegenüber dem einmaligen Gebrauch umweltfreundlicher ist. Daher ist es nur folgerichtig, Recyclingpapier gegenüber Frischfaserpapier vorzuziehen.

5) Es wird vielfach behauptet, qualitativ hochwertiges Recyclingpapier sei kaum zu erhalten. Angesichts der langen Liste an Papieren, die den Blauen Engel tragen, können wir diese Behauptung nicht verifizieren.

6) Unsere Empfehlung ist insoweit auch als Appell an die Papierindustrie zu verstehen, hier zügig für eine bessere Aufklärung über die verfügbaren Recyclingpapiere zu sorgen. Ist durch die Produktion entsprechender Bedarf adressiert und sind bestehende Möglichkeiten ausgeschöpft ODER sind aufgrund technischer Anforderungen 100%-Recyclingprodukte nicht möglich, sollte auf möglichst hohe Recyclinganteile hingewirkt werden um auf diese Weise einen klugen Mix aus Recycling- und Frischfasermaterialien zu erhalten.

7) Weiterführende Informationen zum Blauen Engel sind hier erhältlich:
www.papiernetz.de

8) Der Einsatz von Recyclingpapier hat grundsätzlich gegenüber dem Einsatz von Frischfaserpapier Vorrang - und zwar für alle Formen der Verwendung von Papier. Es kann aber im Einzelfall der begründete Bedarf entstehen, Papier aus Frischfaser anzuwenden.

9) Um der unzutreffenden Schutzbehauptung zu begegnen, Papier sei in jedem Fall ein „nachhaltiges Material“, sind wir der Auffassung, dass nur solches Frischfaserpapier zum Einsatz gelangen darf, das nachweislich auf nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammt. Andernfalls könnten sich der Handel und der Anwender stets auf die Vermutung berufen, mit dem jeweiligen Papier sei „schon alles in Ordnung“, was angesichts zahlreicher ökologischer und sozialer Probleme der Waldbewirtschaftung unzutreffend ist.

10) Unserer Überzeugung nach kann der Nachweis der Nachhaltigkeit nur durch ein unabhängiges und glaubwürdiges Forstzertifikat erbracht werden.

Entsprechende Zertifikate erfordern aus unserer Sicht:
-Gesellschaftliche Legitimation: Forstbetriebe haben in relevanten Entscheidungsgremien nicht die Stimmenmehrheit. Vertreter von Umwelt- und Sozialinteressen können das System aktiv mitgestalten und haben relevante Stimmanteile
-Lokale Betriebskontrollen: Die Audits erfolgen betriebsbezogen und vor Ort für die jeweilige Waldbewirtschaftung.
-Unabhängiges Zertifizierungssystem: Die Zertifizierung wird von unabhängigen Dritten (Zertifizierungsstellen) durchgeführt und laufend kontrolliert.
-Hohe, verbindliche, leistungsbezogene Standards: Der Überprüfung liegen messbare, leistungsbezogene (performance based) Standards zugrunde. Hierzu gehören u.a. die Erhaltung und Förderung der Biodiversität, der Schutz von Wasserressourcen, Böden und Ökosystemen, sowie die Sicherung sozialer Standards wie z.B. Arbeitssicherheit.
-Geschlossene Produktkette: Alle Unternehmen zwischen dem Forstwirtschaftsbetrieb und dem Produkthersteller werden einer Materialflusskontrolle unterzogen, die garantiert, dass zertifizierte Produkte zu jedem Zeitpunkt von nicht zertifiziertem Material getrennt werden können. Bei der Vermischung von zertifizierten mit nichtzertifizierten Materialien bestehen klare nachvollziehbare Regelungen für den Mischungsprozess.
-Transparenz und Partizipation: Wichtige Ergebnisse von Betriebsprüfungen werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Bürger haben die Möglichkeit sich direkt in Zertifizierungsprozesse mit Eingaben einzubringen.

-Internationalität: Das Zertifizierungssystem ist weltweit anwendbar und wird von international bedeutenden Interessensvertretern aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Wirtschaft unterstützt und anerkannt.

11) Neben dem Zeichen des Forest Stewardship Council (FSC) gibt es derzeit kein vergleichbar anspruchsvolles Forstzertifizierungsystem.
Weiterführende Informationen und zum WWF-Papierleitfaden sind hier erhältlich:
www.wwf.de/papier
www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/pdf_neu/WWF_...tfaden.pdf
www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/pdf_neu/wwf_...erung_.pdf
www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/pdf_neu/Thes..._FINAL.pdf

12) Die Unterschiede zwischen dem FSC und anderen Zertifizierungssystemen mögen für Produkte aus Zentraleuropa und Skandinavien angesichts hoher lokaler Dichte bei Umwelt- und Sozialgesetzen vergleichsweise gering angesehen werden. Teilweise liegt dies daran, dass Forstwirtschaft in diesen Regionen nach relativ ähnlichen Verfahren abläuft und daher noch vermeintlich leicht selbst verglichen werden kann („sieht vernünftig aus“). In Regionen mit anderen Ökosystemen, anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und oftmals weniger stabilen gesellschaftlichen und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen wie in Teilen Südamerikas oder Asiens ist ein Vergleich oft nicht mehr möglich („sieht unvernünftig aus“). Hier verbürgen unserer Überzeugung nach derzeit lediglich der FSC hohe Umwelt- und Sozialstandards und ein Höchstmaß an Ausgewogenheit aller Interessen.

13) Die Empfehlung des FSC impliziert nicht zugleich, dass wir uns kritiklos hinter den FSC stellen würden. Derzeit ist jedoch unserer Kenntnis nach der FSC das beste im Markt verfügbare System zur Kennzeichnung von Produkten aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Die Produktion ist aufgefordert, Beschaffungslücken bei der Versorgung mit entsprechenden Produkten mit Nachfrage zu unterstreichen und so zu einer langfristigen Veränderung der Waldbewirtschaftung beizutragen.
Weiterführende Informationen finden Sie hier:
www.wwf.de/zertifiziertes-papier
www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/pdf_neu/Thes..._FINAL.pdf

14) Zellstoff und Papier müssen nicht um die halbe Welt befördert werden. Die hierdurch entstehenden Umweltbelastungen sind reduzierbar, indem auf Papier zurückgegriffen wird, das nahe dem Verwendungsort produziert wird. Entsprechendes gilt für die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, die für die Papierherstellung herangezogen werden.

15) Die Herstellung von Papier ist ein energieintensiver Vorgang. Dies ist unter zwei Aspekten problematisch: Energie wird heutzutage lediglich zu einem geringen Anteil aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen. Der überwiegende Anteil der Energieträger beruht heute noch auf fossilen Brennstoffen, bei deren Verbrennung CO2 entsteht, ein Treibhausgas, das zum Klimawandel beiträgt. Die Verwendung fossiler Brennstoffe ist aber auch unter dem Gesichtspunkt problematisch, dass diese in absehbarer Zeit erschöpft sein werden. Der unangemessene Verbrauch von Rohstoffen ist nicht nachhaltig, da er nachfolgenden Generationen die Möglichkeiten nimmt, die diese Rohstoffe potenziell bieten.

16) Kernkraft ist keine nachhaltige Energiequelle weil es keine dauerhafte Lösung für die Wiederaufbereitung und keine sicheren Endlagermöglichkeiten gibt.

17) Wir haben erwogen, auch Energieeffizienz bei der Papierherstellung als Empfehlung aufzunehmen. Da dieses Kriterium allerdings im wirtschaftlichen Interesse eines jeden Herstellers von Papier liegt, dürfte es ohnehin in hohem Maße Beachtung finden. Überdies sind die Einhaltung und das Maß von Energieeffizienz von außen schwer nachvollziehbar. Aus diesem Grund haben wir davon abgesehen, diesen Punkt in die Empfehlung aufzunehmen.

18) Die Wiederverwertung von Papier ist in Zentraleuropa bereits heute gut ausgebaut. Technische Innovationen erlauben immer häufigere Recyclingzyklen. Papierfasern sollten daher so oft wie technisch möglich wiederverwertet werden, bevor sie der thermischen Verwertung zugeführt werden. Dies erfordert, dass Papier nicht in den Restmüll wandert, sondern in jedem Fall – von anderen Wertstoffen getrennt – ins Altpapier gehört. So lässt sich der Bedarf an Frischfaser reduzieren und das Material Papier umweltfreundlich sinnvoll nutzen.

19) Die Wiederverwertung von Papier ist eine zentrale Forderung für nachhaltiges Handeln und ein Bekenntnis für sorgsamen Umgang mit Ressourcen. Daher haben sich alle Produktions- und Veredelungsvorgänge hierauf einzustellen. Verfahren, die dazu führen, dass Papier nach seinem Gebrauch entsorgt werden muss, weil es für die Wiederverwertung nicht mehr geeignet ist, müssen unterbleiben. Hierzu gehört namentlich die Verwendung von Druckfarben und Lacken, die Gesundheitsschäden hervorrufen können und die nicht restlos vom Recyclat getrennt werden können, da hierdurch die weitere Verwendung des Papiers und das System des Papierrecyclings generell gefährdet werden.

20) Der Gesetzgeber ist aufgefordert, lückenlos dafür Sorge zu tragen, dass Herstellungs- und Veredelungsvorgänge nur mit Verfahren erfolgen dürfen, die die gefahrlose Wiederverwertung des Papiers ermöglichen.